Präsident Wade vor der Wahl im Senegal in der Kritik

Allianz der Religionen

Am Sonntag wird im Senegal ein neuer Präsident gewählt. Die Wahl wird mit Spannung erwartet - mittlerweile aber vor allem mit Angst. Denn Staatschef Abdoulaye Wade will unbedingt zum dritten Mal ins Amt kommen. Damit, so seine Kritiker, würde er die Verfassung massiv verletzen. Dass diese jedoch unbedingt eingehalten werden muss, darauf pocht nicht zuletzt die katholische Kirche.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)




Ambrosius Tine, katholischer Geistlicher und Generalsekretär der Caritas im Senegal, kommt ins Schwärmen, wenn er an seine Heimat denkt. "Der Senegal ist ein sympathisches Land, das alle Menschen willkommen heißt. Und das soll auch so bleiben." Gerade auf den letzten Satz legt Tine, der regelmäßig in Deutschland ist, großen Wert. Wenige Tage vor der Wahl ist dieser Wunsch wichtiger denn je.



Die Vorzeichen sind nicht gut, und niemand mag genau sagen, was sich am Wahltag im Senegal abspielen wird, ja ob überhaupt gewählt wird. Dass der Urnengang komplett abgesagt wird, gilt zwar als eher unwahrscheinlich. Doch ganz auszuschließen ist selbst das derzeit nicht.



Verantwortlich für das Chaos ist Präsident Abdoulaye Wade höchstpersönlich. Er kandidiert zum dritten Mal, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten erlaubt. Wade stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass diese Regelung erst im Jahr 2001 und somit ein Jahr nach seinem Amtsantritt eingeführt worden sei und für ihn die alte Verfassung ohne zeitliche Beschränkungen gelte.



Katholiken fordern Respekt

Die katholische Kirche hat sich dazu in einem öffentlichen Brief geäußert. "Wir möchten, dass die Verfassung des Landes respektiert wird und dass die Menschen nicht mehr als Objekte behandelt werden", bekräftigt der Priester Ambrosius Tine. Der Senegal habe schließlich Gesetze, mit denen man planen und arbeiten müsse. "Einigen Politikern gefällt das natürlich nicht. Aber wir müssen zeigen, dass die Kirche nicht manipulierbar und nicht korrupt ist."



Der Generalsekretär der Caritas ist froh über die deutliche Linie seiner Glaubensgemeinschaft; allerdings ist sie im Senegal in der absoluten Minderheit. Von den knapp 13 Millionen Einwohnern des Landes bekennen sich gerade einmal fünf Prozent zum Christentum. Eine ähnliche Tendenz sieht der Geistliche nun allerdings auch im Islam, dem 95 Prozent der Einwohner angehören. "In diesem Jahr wagen die Marabus, die religiösen Führer, überhaupt nicht zu sagen, für welchen Kandidaten ihre Anhänger stimmen sollen. Auf demokratischer Ebene ist das sehr gut für uns."



Auch Muslime wollen Wade weg

Es ist eine neue Entwicklung. Die Muslimbruderschaften gelten als einflussreich; Politiker wollen deshalb unbedingt deren Segen haben. Früher erteilten die muslimischen Gemeinschaften ihre Zustimmung bereitwillig selbst einem Christen wie Leopold Sedar Senghor (1906-2001). Der Mann, der das Land von 1960 bis 1980 als Präsident führte, gilt als einer der großen Vordenker Afrikas. Von so viel Ehre ist der amtierende Präsident mittlerweile meilenweit entfernt.



Als Wade 2000 die Regierung übernahm, genoss er einen Ruf als Modernisierer. "Vor allem die Jugendlichen hatten viel Hoffnung. Der Mann ist ein Demokrat, hieß es", erinnert sich Tine. Davon ist nichts mehr zu spüren. Heute ist Wade vor allem für die Jungen ein alter Mann, der sich mit aller Kraft an seine Macht klammert. Doch nicht nur das. Als Nachfolger sähe er wohl gerne seinen Sohn Karim. "Mein Sohn ist einfach ein Genie", wird er immer wieder zitiert.



Allerdings hat Wade eines geschafft. Die Opposition, die sich in der Bewegung M23 zusammengeschlossen hat, steht gegen ihn vereint. Ihr erklärtes Ziel ist seine Abdankung. Dafür werden täglich Demonstrationen im Zentrum Dakars organisiert. Für den Senegal ist das ein Novum. Das Land hat als eines von wenigen in Afrika bislang weder Militärherrschaft noch Diktatur erlebt. Politische Unruhen blieben aus. "Und es ist wichtig, dass das auch so bleibt", sagt Pater Ambrosius. Ganz sicher ist er dessen nicht, wie wohl auch der Rest der Bevölkerung.



Nachtrag: Zwei Tage vor den Präsidentschaftswahlen gibt es in Dakar noch einmal Hoffnung auf einen Dialog zwischen Amtsinhaber Abdoulaye Wade und der Opposition: Der Erzbischof von Dakar, Kardinal Theodore-Adrien Sarr, sagte am Freitag vor Journalisten in der Hauptstadt, die Kirche sei bereit, zwischen Amtsinhaber Abdoulaye Wade und der Oppositionsbewegung zu vermitteln. Sarr hatte sich in der Nacht zuvor mit Wade zu einem Gespräch getroffen und dabei betont, alle Beteiligten müssten gemeinsam einen Ausweg aus der politischen Krise finden.