Präsidentschaftskandidat vergreift sich bei Benefizdinner im Ton

Buhrufe für Trump

Donald Trump hat sich beim traditionellen Al-Smith-Wohltätigkeits-Dinner der katholischen Kirche, an dem beide Präsidentschaftskandidaten teilnahmen, im Ton vergriffen. Die Gäste quittierten seinen Auftritt mit Buhrufen.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Trump (r.) und Clinton beim Alfred E. Smith Memorial Foundation Dinner / © Mandel Ngan (dpa)
Trump (r.) und Clinton beim Alfred E. Smith Memorial Foundation Dinner / © Mandel Ngan ( dpa )

Kardinal Timothy Dolan nahm verlegen sein rotes Scheitelkäppchen vom Kopf, neigte sich in Richtung der Kandidatin und flüsterte Hillary Clinton etwas ins Ohr. Eine Entschuldigung für die Peinlichkeit, ein aufmunternder Zuspruch oder bloß eine Ablenkung? Das Geflüster des Gastgebers des 71. Al-Smith-Dinners im feinen New Yorker Waldorf-Hotel bleibt wohl ein Geheimnis der beiden.

Nicht so der Anlass der verlegenen Reaktion des Kardinals. Donald Trump war gerade von jeder Konvention dieser traditionsreichen Benefiz-Veranstaltung zugunsten der Kinder New Yorks abgewichen.

Statt in lockerer Rede gutmütige Witze zu präsentieren, griff der republikanische Präsidentschaftskandidat seine Gegnerin im Rennen um das Weiße Haus frontal an. "Sie ist so korrupt, dass sie sogar die Watergate-Untersuchungskommission verlassen musste", giftete Trump.

Buhrufe für Trump

Als das Wort "korrupt" fiel, entgleiste dem Herrn mit der weißen Fliege, der bei der Live-Übertragung der Rede rechts hinter Trump zu sehen ist, das Gesicht. Laute Buhrufe erfüllten den Raum, in dem rund 1.000 Gäste saßen, die für ihre Teilnahme an dem Dinner mindestens 10.000 Dollar (rund 9.100 Euro) Spenden bezahlt hatten.

Reporter und Analysten konnten sich nicht erinnern, dass es in der langen Geschichte dieser gesellschaftlichen Institution jemals so etwas gegeben hätte. Überhaupt nicht lustig fand die High Society auch den nächsten Witz. Die "Wikileaks"-E-Mails zeigten, so Trump, dass Hillary hinter verschlossenen Türen etwas anderes sage als in der Öffentlichkeit. "Hier ist sie in der Öffentlichkeit. Und sie tut so, als hasste sie die Katholiken nicht."

Aus dem Publikum schallten noch mehr Buhrufe zurück, während Kardinal Dolan verlegen mit seiner Kopfbedeckung spielte. Der Redner hatte sich einmal mehr im Ton vergriffen - zumal in einer Runde überwiegend katholischer Gäste, die sich noch an Erzählungen ihrer Familien über Diskriminierung und Schikanen als Minderheit in den USA erinnern können.

Niemand illustrierte das mehr als die Person, nach der das Dinner benannt ist. Al Smith trat in den 1920er Jahren als erster Katholik für das Präsidentenamt an. Seine Gegner ließen Flugblätter zirkulieren, die behaupteten, ein Präsident Smith werde das Lesen der Bibel verbieten. Dass ein Kandidat aus von Russland geklauten E-Mails zitiert, deren Echtheit infrage steht, um Clinton Anti-Katholizismus zu unterstellen, ging vielen zu weit.

Clinton macht Witze über sich selbst

Die Demokratin versuchte die Tiefschläge mit einem Lächeln wegzustecken. Ihre Rede entsprach sehr viel mehr der Tradition des "Al Smith"-Dinners, Witze über sich selbst zu machen und die Gegner nicht frontal anzugehen. So hatten es zuerst Richard Nixon und John F. Kennedy und zuletzt Mitt Romney und Barack Obama gehalten.

Clinton sagte, ihr Auftritt vor der reichen Gesellschaft sei etwas ganz Besonderes. "Normalerweise lasse ich mir Reden vor Wall-Street-Bossen gut bezahlen." An anderer Stelle sorgte sie für Lacher, als sie Trumps Schwierigkeiten mit dem Teleprompter aufs Korn nahm. Es sei gar nicht so einfach, aus dem Russischen zu übersetzen.

Die Kandidatin mochte sich auch nicht verkneifen, auf Trumps Frauenbild anzuspielen. "Wenn die Menschen die Freiheitsstatue sehen, dann erkennen sie daran das stolze Symbol unserer Geschichte als Einwanderernation", setzte sie an. "Wenn Donald Trump sie anschaut, sieht er eine Vier." Ein Seitenhieb auf die Benotung von Frauen, die der Kandidat auf einer Skala von eins bis zehn vornimmt.

Kardinal Dolan dürfte froh gewesen sein, als der Abend vorüber war. Er hatte zwei persönliche Gäste eingeladen, die mit ihrer Anwesenheit daran erinnerten, dass die katholische Kirche mit beiden Kandidaten nicht ganz glücklich ist: eine Frau, die auf eine Abtreibung verzichtete und von der Kirche unterstützt wird; und einen mexikanischen Einwanderer ohne Papiere, der mit Hilfe der Kirche Englisch lernt. Immerhin finanziell aber erfüllte die Benefizveranstaltung die Erwartungen. Der Abend spielte mehr als zehn Millionen Dollar ein.


Quelle:
KNA