Priester wegen Vorwurfs sexueller Nötigung vor Gericht

Zeugen werfen schlechtes Licht auf Angeklagten

Seit einer Woche verhandelt das Landgericht Saarbrücken wegen sexueller Nötigung gegen einen Priester. Die meisten Zeugenaussagen werfen kein gutes Licht auf den Beschuldigten.

Autor/in:
Anna Fries
Symbolbild Richterhammer auf Gesetzbüchern / © Billion Photos (shutterstock)
Symbolbild Richterhammer auf Gesetzbüchern / © Billion Photos ( shutterstock )

Mehr als ein Dutzend Zeugen haben seit Montag vor dem Landgericht Saarbrücken im Prozess gegen einen Priester wegen sexueller Nötigung ausgesagt. Dem 69-jährigen Angeklagte wird vorgeworfen, 1997 in seinem Pfarrhaus im Saarland einen 14-Jährigen sexuell genötigt zu haben. Er bestreitet das. Die Vernehmungen scheinen indes die Anklage zu stützen.

Auch Kirchenvertreter sagten aus

Die Staatsanwaltschaft ermittelte schon mehrfach in der Vergangenheit wegen ähnlicher Vorwürfe gegen den Mann, stellte die Verfahren aber wegen Verjährung oder fehlender Nachweise ein. Zudem läuft unabhängig von dem staatlichen Verfahren seit 2018 auch ein kirchliches Strafverfahren gegen den Mann.

Bischof Stephan Ackermann / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Stephan Ackermann / © Harald Oppitz ( KNA )

Neben Polizisten und mutmaßlichen weiteren Betroffenen sagten auch prominente Kirchenvertreter aus. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ging insbesondere auf die Umstände der Beurlaubung des Mannes 2015 ein. Er berichtete von "Ungehorsam" des Angeklagten, der etwa nicht an Präventionsschulungen teilgenommen habe und der trotz anderslautender Anweisung mit Jugendlichen privat in Urlaub gefahren sein soll.

Beschuldigter weist Vorwürfe zurück

Ackermann ging auch auf die kirchlichen Ermittlungen gegen den Beschuldigten ein – und räumte Fehler nach einer Anzeige gegen den Beschuldigten 2006 ein. Der Angeklagte habe Vorwürfe immer abgestritten, von einer Verleumdungskampagne gesprochen und sich über einen formalen und kalten Umgang mit ihm beschwert.

Der Beschuldigte selbst sagte bislang wenig. Zum Prozessauftakt wies er die Vorwürfe erneut zurück, verbunden mit der Einschätzung, das Verfahren werde das bestätigen. Meist sitzt er, bekleidet mit weißem Hemd, schwarzem Pulli und grauem Sakko, leicht zurückgelehnt auf seinem Stuhl und beobachtet die Zeugen. Hin und wieder scheint ihn eine Aussage zu ärgern, er schüttelt den Kopf, notiert sich etwas. Mehrfach nannte er Anschuldigungen unbegründet. Er wirkt nicht so, als würden die Vorwürfe ihn betreffen.

Schock und Scham zu groß

Dabei werfen die Zeugenaussagen kein gutes Licht auf ihn. Der Nebenkläger und ein weiterer Zeuge schilderten nichtöffentlich mutmaßliche sexuelle Übergriffe. Andere berichteten öffentlich davon. Die Berichte ähneln sich. Mehrfach ist von privaten Urlauben mit dem Angeklagten die Rede, von Übergriffen im Pfarrhaus, im Urlaub oder in Ferienfreizeiten.

Der Beschuldigte soll die damaligen Jugendlichen im Intimbereich angefasst und teilweise ihre Hände in seinen Intimbereich geführt haben. Ein Zeuge berichtete von einer längeren sexuellen Beziehung zum Angeklagten als 18-Jähriger, die er rückblickend als Folge eines Machtgefälles ansieht.

Darüber gesprochen hat demnach kaum einer der Jungen, manche zogen als Erwachsene andere ins Vertrauen. Schock und Scham seien zu groß gewesen, das Ansehen des beliebten Pastors zu groß, von Wut auf sich selbst erzählen manche, und fast jeder äußerte sich überzeugt, dass ihm niemand geglaubt hätte.

Auch Drohungen dabei

Der Beschuldigte galt offenbar für viele als Respekts- und Vertrauensperson. Viele Betroffene berichten von ihren schwierigen Familienverhältnissen oder einem Bedürfnis nach Halt und Orientierung als Jugendliche. Gefunden haben sie dagegen nach eigener Einschätzung anderes: neben übergriffigem Verhalten seelische Manipulationen und Drohungen.

Anwalt des Beschuldigten ist der Kirchenrechts-Spezialist Christoph Lerg. Seine Nachfragen zielten bislang vor allem darauf, die Glaubwürdigkeit von Zeugen in Zweifel zu ziehen. Sollte sein Mandant für schuldig befunden werden, ist eine mehrjährige Haftstrafe möglich. Im kirchlichen Strafverfahren droht ihm schlimmstenfalls eine Entlassung aus dem Priesterstand - die mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden wäre.

Kritik am Bistum Trier

Der Prozess offenbart Wut, Unverständnis und Enttäuschung. Auch gegenüber dem Bistum Trier und dessen Umgang mit dem Fall. Der Vorsitzende Richter sagte an einer Stelle, er wolle "nicht den Bischof in Schutz nehmen", aber dieser stehe nicht im Mittelpunkt des Verfahrens.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am Mittwoch, am Folgetag stehen die Schlussvorträge an. Bereits am Donnerstag könnte das Gericht ein Urteil sprechen.

Quelle:
KNA