Den Kirchenrechtler Stefan Mückl erstaunt die Wahrnehmung, wonach die Italienische Bischofskonferenz entschieden habe, Homosexuelle künftig nicht mehr grundsätzlich vom Priesteramt auszuschließen. Davon könne mitnichten die Rede sein, so Mückl, der an der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom lehrt.
Zweideutige Formulierung
In der neuen Ratio nationalis, den italienischen Richtlinien zur Priesterausbildung, werde zuerst wiederholt, was in der Ratio fundamentalis, der allgemeinen Richtlinie, von 2016 festgestellt habe. Demnach dürfen Kandidaten mit tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen nicht zur Weihe zugelassen werden. Dies hatte auch schon 2005 eine Instruktion der Bildungskongregation des Vatikans verlautbart.
Zweideutig sei allenfalls der Satz danach, dass die Unterscheidung bei homosexuellen Neigungen nicht nur auf diesen Aspekt zu reduzieren sei. Vielmehr solle dessen Bedeutung im Gesamtrahmen der Persönlichkeit erfasst werden. "Es ist natürlich möglich, wenn man es unbedingt will, den Satz als Lockerung zu verstehen", räumt Mückl ein. Zwingend sei das freilich nicht. "Eine andere Frage ist es, ob eine solche Zweideutigkeit nicht gewollt war."
Dokument unzureichend
Auch der italienische Jesuit und Homosexuellenseelsorger Pino Piva merkt an, das Dokument der italienischen Bischöfe sei von den Zeitungen nur oberflächlich gelesen worden. Im Wesentlichen habe sich nichts geändert.
Die deutsche Initiative OutInChurch kritisiert das Dokument als unzureichend. "Letztlich bleibt alles beim alten und es gilt das, was der Katechismus über Homosexualität sagt", teilt Rainer Teuber, Sprecher der Initiative, auf Anfrage mit.
Vergangene Woche hat die Italienische Bischofskonferenz neue Richtlinien zur Priesterausbildung veröffentlicht, die auch vom Vatikan genehmigt worden waren. Diese traten am 9. Januar in Kraft und gelten vorläufig für drei Jahre.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 14.01.2025 um die Reaktion des Jesuitenpaters Pino Piva ergänzt.