Zum Buß- und Bettag haben leitende evangelische Geistliche vor einer weiteren Spaltung der Gesellschaft gewarnt. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, warb für mehr Fehlerfreundlichkeit und Barmherzigkeit im Alltag. Die badische Landesbischöfin Heike Springhart mahnte: "Die Risse in unserer Gesellschaft dürfen nicht noch tiefer werden".
Kurschus, die auch westfälische Präses ist, fügte hinzu: "Ich beobachte, wie wir es in den großen Nöten der Gegenwart immer weniger verstehen, aufrichtig und menschlich, ernsthaft und barmherzig mit Irrtümern und grundsätzlicher Fehlbarkeit umzugehen", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Aufruf: "Sowohl mit unseren eigenen Irrtümern wie mit der Fehlbarkeit anderer."
Fehler machen gehört zum Menschsein
Niemand traue sich, Fehler zu machen und niemand wage, einen Irrtum zuzugeben, so Kurschus: "Das lähmt und beschämt und blockiert." Fehler machen gehöre jedoch zum Menschsein: "Wir irren, wir liegen schief, wir verrennen uns, wir schätzen Situationen falsch ein." Manchmal bleibe das einigermaßen folgenlos, manchmal ende es dramatisch, tragisch, unverzeihlich, ob im Politischen oder im Privaten, so die Ratsvorsitzende.
In einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Wort zum Feiertag erklärte Landesbischöfin Springhart: Zusammenzuhalten und zusammen innezuhalten, darum gehe es am Buß- und Bettag. Sie rief dazu auf, dass Menschen einander anspornen sollten, sich von Liebe und nicht von Hass leiten zu lassen. "Auch zu den fernen Nächsten, die bei uns Zuflucht suchen."
Der protestantische Buß- und Bettag wurde erstmals 1532 im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt. 1995 wurde der kirchliche Gedenktag zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer Sachsen als arbeitsfreier gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. "Der Bußtag hat seinen festen Platz im kirchlichen Festkalender jedoch nicht verloren und ist im Leben vieler Menschen nach wie vor fest verwurzelt", so die EKD.