So beschwingt hat man Teilnehmer einer ökumenischen Veranstaltung von führenden Katholiken und Protestanten lange nicht mehr erlebt. Zum Abschluss ihrer einwöchigen Pilgerreise im Heiligen Land - der ersten gemeinsamen in der fast 500-jährigen Geschichte der beiden Kirchen in Deutschland - äußerten sich Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm rundherum positiv und optimistisch.
Neuer Schwung und kleine Wunder
Von einer "geistlichen Erneuerung" an der gemeinsamen Quelle im Heiligen Land berichtete der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm, und der DBK-Vorsitzende Marx pries den "neuen Schwung", der von der Reise ausgehe. Gemeinsam wollten sie dem Papst und dem Lutherischen Weltbund davon berichten. Auf dass der ökumenische Schwung aus Jerusalem auch im fernen schwedischen Lund bei der zentralen Reformationsgedenkfeier ankomme und diese inspiriere.
Andere Teilnehmer sprachen gar von einem "kleinen Wunder", das sich in der an Wundergeschichten nicht gerade armen Landschaft zwischen See Genezareth und Bethlehem ereignet habe. Zu dem überkonfessionellen "Wunder" beigetragen hat nicht nur die gute zwischenmenschliche Chemie, von der Magdeburgs katholischer Bischof Gerhard Feige berichtete - derselbe Feige, der sich noch vor wenigen Jahren eher skeptisch über die damals noch nicht klar definierten Inhalte der "Lutherdekade" äußerte.
Entscheidend für die Erfolgsgeschichte im Heiligen Land waren zunächst die gute theologische und geistliche Vorbereitung und die intensiven geistlichen Impulse bei gemeinsamen Gebeten und Gottesdiensten. Die reformierte westfälische Präses Annette Kurschus, die sonst theologisch der katholischen Kirche nicht sehr nahe steht, lobte die geistliche Tiefe der Impulse beider Konfessionen in höchsten Tönen. Sie bekannte, in der gemeinsamen Woche im Heiligen Land eine der intensivsten geistlichen Erfahrungen ihres Lebens gemacht zu haben.
Wechselseitiger Schmerz bei Gottesdiensten
Zur Besonderheit dieser Reise zählte offenbar der Mut, wechselseitig den Schmerz auszuhalten, der fast täglich bei den Gottesdiensten entstand: Bei den katholischen Messfeiern blieben die evangelischen Teilnehmer der Eucharistie fern, und bei den protestantischen Abendmahlfeiern traten die katholischen Bischöfe nicht mit an den Tisch des Herrn.
Ein weiterer Faktor war die Atmosphäre der Zerstrittenheit, des Hasses und der wechselseitigen Gesprächsverweigerung zwischen Juden und Muslimen, die den Bischöfen aus Deutschland insbesondere bei ihrem Besuch am Tempelberg entgegensprang. Bedford-Strohm leitete aus dieser Erfahrung eine umso intensivere Verpflichtung der Christen ab, für eine versöhnte Verschiedenheit im Dialog einzutreten - untereinander, aber auch im virulenten Konflikt der anderen Religionen.
Gemeinsamer Verkündigungsauftrag
Wie die Bischöfe nun den frischen Schwung von der Quelle in Deutschland umsetzen wollen, wurde zum Abschluss der Reise noch nicht recht deutlich. Kardinal Marx sprach von einem gemeinsamen Verkündigungsauftrag der beiden Kirchen in einem immer säkularer werdenden Land und betonte, die Christen müssten für das Evangelium Zeugnis ablegen - ganz gleich, ob die Gesellschaft die Botschaft nun hören wolle oder nicht. Er betonte, dass die beiden Kirchen nicht nur theologische Papiere erarbeiten müssten, sondern Schritte zu einer sichtbaren Einheit vorschlagen müssten. Bedford-Strohm unterstrich, dass die Kirche fromm und politisch zugleich sein müsse, sonst werde sie ihre Botschaft nicht verkünden können.
Vermutlich wird die kalte Dusche, die auch andere Heiliglandpilger erfahren, wenn sie aus dem mit Glauben, heiligen Orten und Geschichten aufgeladenen Land der Bibel heimkehren in ein religiös wie klimatisch eher frostiges Deutschland, auch den führenden Geistlichen von DBK und EKD nicht erspart bleiben. Ob die im Heiligen Land erfahrene Stärkung nachhaltig ist und die Ökumene sichtbar voranbringt, wird sich schon bald im Reformationsgedenkjahr zeigen, das in wenigen Tagen offiziell beginnt.