domradio.de: Ihr Mitbruder aus Magdeburg, Bischof Gerhard Feige, sagte bei einem Gottesdienst am Montag, die historische Reise von katholischen und evangelischen Bischöfen sei vielleicht ein Wunder. Wie bewerten Sie die vergangenen Tage?
Franz-Josef Bode (Bischof von Osnabrück): Diese gemeinsame Reise berührt mich sehr. Ich war ja schon relativ häufig im Heiligen Land. Aber wenn man mit den Augen der anderen, der Evangelischen, nochmal gemeinsam hinsieht, ist das nochmal eine besondere Erfahrung.
Dass wir das gemeinsam tun, um auch die gemeinsamen Wurzeln herauszukehren - das, was uns wirklich zutiefst eint - ist schon etwas Außergewöhnliches. Das darf man nicht unterschätzen, weil es nicht selbstverständlich ist und auch eine Konsequenz aus der guten Zusammenarbeit der letzten Jahre.
Dadurch, dass wir gemeinsam auf etwas uns beide Betreffendes schauen, ist es anders, als wenn man sich nur gegenseitig anschaut.
domradio.de: Während der Pilgerreise sind ja sowohl Eucharistie als auch Abendmahl gefeiert worden. Wie muss man sich das vorstellen. Sind Sie dann gemeinsam auch zur Kommunion gegangen?
Bischof Bode: Nein, wir haben uns natürlich an den Stand der Gespräche zwischen den Kirchen gehalten. In der Frage der Eucharistie sind wir eben nicht einig. Das muss auch deutlich bleiben.
Wir haben an manchen Tagen Eucharistie und auch Abendmahl gefeiert und jeweils an dem Gottesdienst des anderen teilgenommen; aber nicht, indem wir die Kommunion empfangen haben.
domradio.de: Gibt es denn für Sie einen persönlich besonders wichtigen Augenblick dieser Pilgerreise? Was war für Sie in diesen Tagen der Höhepunkt?
Bischof Bode: Das war zunächst mal die Erfahrung von Bethlehem: Wir sind nach Bethlehem gefahren und haben gemeinsam einen Fußweg durch die Hirtenfelder gemacht. Also, es ging gar nicht mal um den Besuch einer heiligen Stätte.
Aber das gemeinsame Unterwegs-Sein durch einen so urigen biblischen Weg ist eben auch ein Stück Bild unseres gemeinsamen Weges. Vorher war die Erfahrung von Tabgha, vom See Genezareth - auch das hat mich sehr berührt, dass wir die erste Eucharistiefeier gerade in der Brotvermehrungskirche hatten.
Auf der einen Seite wurde deutlich, dass Christus als wirklich lebendiges Brot bei uns bleibt; auf der anderen Seite wird klar, dass wir das nicht gemeinsam empfangen können.
Eben waren wir in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Das ist nochmal eine ganz andere Erfahrung: Da blicken wir auf eine Geschichte, die uns zutiefst mit dem Judentum auf eigene Weise verbindet und wo beide - die evangelische und die katholische Seite - darüber nachdenken müssen, wo wir auch schuldig geworden sind, was den Antisemitismus angeht.
domradio.de: Das führt zu meiner nächsten Frage: Wie sind Sie denn als deutsche Gruppe von den Leuten vor Ort wahrgenommen worden?
Bischof Bode: Man wird als Deutsche eigentlich immer sehr positiv aufgenommen - das ist immer erstaunlich hier, muss man sagen. Das zeigen auch die Gespräche mit Vertretern des Judentums und des Islam. Die Menschen wundern sich, dass wir die Reise als Protestanten und Katholiken gemeinsam angehen können.
Dass Menschen, die sich vielleicht über Jahrhunderte entfremdet haben, gemeinsam diese Reise unternehmen, ist natürlich auch ein Zeichen in eine Situation hinein, wo sich Konfession und Religion im Miteinander nicht leicht tun.
domradio.de: Die Reise ist ja ganz bewusst gesetzt worden, kurz vor Beginn des Lutherjahres. In wenigen Tagen beginnt das Jahr. Meinen Sie denn, dass diese gemeinsame Reise einen Einfluss auf das Reformationsjubliäum haben wird?
Bischof Bode: Das muss man mehr mit dem Herzen sehen als mit dem Kopf. Es ist ja ein gewisser Auftakt für das Reformationsjahr - musikalisch gesprochen, ein gewisser Notenschlüssel vor dem Ganzen.
Wir haben einen gemeinsamen Blick aufeinander und auf die Grundlagen des Christentums geworfen, der die Basis unseres gemeinsamen Weges durch dieses Jahr auf jeden Fall verstärkt.
Das Interview führte Jan Hendrik Stens.