Aller guten Dinge sind drei - vielleicht gibt am Ende diese schlichte Maxime den Ausschlag. 1980 scheiterte der erste Anlauf eines Kanzleramtskandidaten aus Bayern: Franz Josef Strauß. 2002 setzte sich Edmund Stoiber gegen die damalige CDU-Chefin Angela Merkel unionsintern durch, die Bundestagswahl ging dann aber denkbar knapp an eine rot-grüne Mehrheit.
Ein fränkischer Protestant könnte es für die C-Parteien nun richten. Auf die scheidende Kanzlerin lässt der Stoiber'sche Ziehsohn und Strauß-Fan Markus Söder nichts kommen - neuerdings.
Meister der Inszenierung und Krisenmanager
Der Nürnberger hat in seiner politischen Karriere schon manche Wendungen hingelegt. Seinem Image als durchsetzungsstarkem Macher schadete es nicht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der gelernte Fernsehjournalist eine Kunst meisterlich beherrscht: die der Inszenierung.
Ob beim Empfang von Angela Merkel auf Schloss Herrenchiemsee, beim Anzünden einer Kerze im Wallfahrtsort Maria Vesperbild oder auf dem "Grill" von Talkmaster Markus Lanz. Jedes Bild, jedes gesetzte Wort ist wohlüberlegt. Und selbst Gegner bescheinigen Söder ein sicheres Gespür für Stimmungen und Trends.
Der promovierte Jurist, Jahrgang 1967, hat Erfahrung in vielen Rollen: Mit 27 Jahren zieht er in den Bayerischen Landtag ein, neun Jahre später gibt er als CSU-Generalsekretär den Wadlbeißer, mit 40 erhält er sein erstes Ministeramt: Bundes- und Europaangelegenheiten.
Es folgen das Umwelt- und das Finanzressort. Bei der "Fastnacht in Franken", dem Quotenhit des BR-Fernsehens, sticht er durch ebenso fantasievolle wie anspielungsreiche Kostüme hervor: 2018, er ist da schon Ministerpräsident in Wartestellung, kommt er als Prinzregent Luitpold verkleidet nach Veitshöchheim. Er war auch schon als Gandalf, Punk und Marilyn Monroe dort.
Nachdem der Franke 2018 den CSU-internen Machtkampf gegen Horst Seehofer gewonnen hatte, stand ihm die nächste Häutung bevor: vom polarisierenden Provokateur zum Landesvater, in der Pandemie dann zum obersten Krisenmanager. Und obwohl der bayerische Corona-Kurs alles andere als geradlinig und erfolgreich war, beim geduldigen Erklären immer neuer Maßnahmen machte Söder stets bella figura - seine Popularitätswerte gingen durch die Decke. Inzwischen etwas gedämpft, sind sie immer noch hoch, nicht nur bei Unionsanhängern, und nicht nur in Bayern.
Beziehung zu Kirchen nicht immer unproblematisch
Der 1,94-Meter-Mann ist ein Politiker, der aus seiner Verankerung im christlichen Glauben keinen Hehl macht. Gebet, Kruzifix und Bibel gehören zu Söders Grundausstattung. Die Kirchen begegneten seinem Aufstieg dennoch lange mit einer großen Portion Skepsis. Seine Unterstellung mitten in der Flüchtlingskrise, die Kirchen verdienten an bereitgestellten Unterkünften, wurde ihm nachhaltig verübelt. Zumal hier und da der Eindruck aufkam, dass er die Landtagswahl 2018 mit dem Versuch gewinnen wollte, die AfD rechts zu überholen - Stichwort "Asyltourismus".
Überwiegend kritisch nahmen die Bischöfe in Bayern auch Söders Kreuzerlass für die Landesbehörden auf, eine seiner ersten Amtshandlungen als neuer bayerischer Regierungschef im Frühjahr 2018. Den Versuch des Politikers, die entstandene Debatte mit einem runden Tisch zu entschärfen, ließen sie ins Leere laufen. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Einsatz für Religionsfreiheit in der Corona-Krise
In der Corona-Krise ließ es Söder nicht an Signalen fehlen, welche Bedeutung er den Glaubensgemeinschaften beimisst, besonders den Kirchen. Versammlungsrecht und Religionsfreiheit waren für ihn in den Debatten um Einschränkungen des öffentlichen Lebens zumindest nach dem ersten Lockdown nicht mehr verhandelbar. Gottesdienste konnten 2021 an Ostern wieder stattfinden.
Die vermutlich einflussreichste Persönlichkeit aus Kirchenkreisen in Söders Umgebung ist eine Frau: Susanne Breit-Keßler, bis 2019 evangelische Regionalbischöfin in München, wurde von ihm schon in mehrere Positionen gehievt. In der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung fungiert die 67-Jährige als stellvertretende Vorsitzende, im neuen Bayerischen Ethikrat hat sie den Vorsitz. In dieser Eigenschaft sprach sie auch beim staatlichen Gedenkakt für die Corona-Toten Ende März im Landtag.