Protokollfragen sind bei der Deutschlandreise des Papstes wichtig

Staatsbesuch oder offizielle Visite

Es ist wohl der Höhepunkt im deutschen Kirchenjahr 2011 – aber kein Staatsbesuch, wie mancher zunächst vermutete. Wohl aber ein offizieller Besuch, zu dem Papst Benedikt XVI. vom 22. bis 25. September kommt. Die Unterschiede zwischen Staatsbesuch und offiziellem Besuch liegen im protokollarischen Detail.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Auf Einladung von Bundespräsident Christian Wulff sowie der Deutschen Bischofskonferenz reist der Pontifex zum dritten Mal in seine Heimat; diesmal nicht nur zum Pastoralbesuch wie 2005 zum Weltjugendtag in Köln und 2006 in Bayern. Ziele sind die Hauptstadt Berlin - mit einer Rede im Deutschen Bundestag - sowie Erfurt und Freiburg.



Die Unterschiede zwischen Staatsbesuch und offiziellem Besuch liegen im protokollarischen Detail. Der Papst nimmt mit Blick auf sein geistiges Amt manche Programmteile nicht wahr, die zum Staatsbesuch hinzugehören. So verzichtet er prinzipiell auf eine Einladung zum Staatsbankett. Er speist gemeinsam mit seiner Begleitung in seiner kirchlichen Unterkunft. Und meist nutzt er den Termin zu einem Gespräch mit den Bischöfen der Region oder des ganzen Landes. Zudem lehnt er die Unterbringung in einem staatlichen Gästehaus ab: Beim Aufenthalt in einer Hauptstadt logiert er fast immer in der Nuntiatur, also der Vatikan-Botschaft, ansonsten in der Residenz des jeweiligen Ortsbischofs.



Mit den Ehren eines Staatsgastes empfangen

Im Übrigen aber wird Benedikt XVI. in Deutschland mit den Ehren eines Staatsgastes empfangen. Der Bundespräsident wird ihn begrüßen, die Nationalhymnen von Deutschland und dem Vatikan werden gespielt, Ehrenformationen treten an und salutieren. Später hält der Papst ein Rede im Parlament, dem Deutschen Bundestag, und stattet dem Staatsoberhaupt einen Höflichkeitsbesuch an dessen Berliner Amtssitz ab. Noch zu klären ist, ob dort auch das Diplomatische Corps dem Papst begegnen kann, oder ob dessen Teilnahme für einen anderen Berliner Programmpunkt vorgesehen ist. Allerdings werden die Begriffe Staatsbesuch und offizieller Besuch mitunter großzügig und fließend gebraucht.



So absolvierte Benedikt XVI. im September in England ein in fast allen Punkten vergleichbares Programm - und dort firmierte es unter "Staatsbesuch". Aber auch die reinen "Pastoralreisen" des Papstes - etwa zum Weltjugendtag oder zu Wallfahrten nach Fatima oder Santiago de Compostela - schließen immer einen "Staatsteil" ein. Das hat allein schon praktische Gründe. Papstreisen, wie sie sich in den vergangenen 45 Jahren unter Paul VI. und dann unter Johannes Paul II. entwickelt haben, sind zu Großereignissen mit internationaler Resonanz geworden, die zwingend auf das Mitwirken der staatlichen Behörden angewiesen sind.



Eckpunkte sind gesetzt

Das gilt für Fragen der Sicherheit, aber auch für Luftraum und Transport. Daher setzen Papstbesuche generell die Einladung oder zumindest das Einverständnis des Staates voraus. Die meisten Staatsoberhäupter lassen es sich dann freilich nicht nehmen, den Gast am Flughafen offiziell zu begrüßen - auch wenn er nicht zum Staatsbesuch kommt. Diese Geste verlangt dann wiederum den Gegenbesuch des Papstes in der Residenz des Präsidenten. So haben sich im Lauf der Jahre um die Papstreisen protokollarische Mischformen entwickelt. Vorbei sind die Zeiten, wo Staatschefs und Regimeführer sich vor Papstbesuchen fürchteten wie der Teufel vor dem Weihwasser. Wo päpstliche Reisewünsche - etwa zum Kirchenjubiläen in Litauen - am "Njet" der kommunistischen Machthaber scheiterten.



Umso überraschender schien es daher, als Johannes Paul II. Fidel Castros Kuba besuchen konnte, oder etwa im Sudan eine große öffentliche Messe feiern konnte. Befürchtungen, die Kirche habe das Einverständnis der Machthaber mit Zugeständnissen "erkauft", erwiesen sich als widerlegt, als der Papst unmissverständlich Religionsfreiheit anmahnte.



Vor der Deutschlandreise des Papstes stellen sich unterdessen ganz andere Fragen und Probleme. Vermutlich werden die Planer bei weitem nicht allen Wünschen von Politikern, Verbänden und Interessengruppen entsprechen können, die unbedingt den Papst treffen wollen. Auch Trier oder Hamburg haben bereits zu verstehen gegeben, dass ein Papstbesuch bei ihnen angemessen wäre. Mit der Bekanntgabe des Termins hat der Vatikan freilich Eckpunkte für das Programm des offiziellen Besuchs der Bundesrepublik und des Pastoralbesuchs gesetzt.