Eines der grausamsten und symbolträchtigsten Verbrechen während des Bürgerkriegs in El Salvador bleibt offenbar für immer ungesühnt. Wie salvadorianische Medien berichteten, entschied die Strafkammer des Obersten Gerichtshofes in dem mittelamerikanischen Land vor wenigen Tagen, dass der Prozess gegen die mutmaßlichen Hintermänner aus den Reihen der Militärs annulliert wird. Die Richter stellten die "absolute Nichtigkeit" des Strafverfahrens fest.
Damit ist eine Strafverfolgung der Generäle Juan Orlando Zepeda und Rafael Humberto Larios sowie von Oberst Francisco Helena Fuentes praktisch ausgeschlossen. "Die Verantwortlichen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit werden somit von jeglicher strafrechtlicher Verantwortung im Land wegen des Verbrechens vom 16. November 1989 befreit", kritisierte die Tageszeitung "La Pagina".
"terroristiche Morde" und "Staatsterrorismus"
Jose Maria Tojeira, ehemaliger Rektor der Zentralamerikanischen Universität UCA und Direktor des Universitäts-Instituts für Menschenrechte IDHUCA, sagte dem gleichen Blatt: "Sie weihen damit die Straffreiheit im Fall der Jesuiten." Das würde nichts anderes bedeuten, als die Botschaft auszusenden "wenn Sie massakrieren, seien Sie unbesorgt. Wenn es Geld und Macht gibt, dann bringen wir das in der Strafkammer in Ordnung", sagte Tojeira.
Während in El Salvador selbst die Strafverfolgung des Verbrechens damit unterbleibt, hatte die spanische Justiz erst vor wenigen Wochen ein aufsehenerregendes Urteil gefällt. Der Staatsgerichtshof in Madrid verurteilte Inocente Montano für die Ermordung der fünf spanischen Jesuiten zu einer langen Gefängnisstrafe. Der 77-Jährige ehemalige General und Ex-Verteidigungsminister wurde auch für die Morde an der Haushälterin der Priester und ihrer 15-jährigen Tochter sowie an einem örtlichen Jesuitenpriester verantwortlich gemacht. Die Strafe: 133 Jahre, vier Monate und fünf Tage Haft. Das Gericht bewertete die Taten als "terroristische Morde" und "Staatsterrorismus". In dem Verfahren belastete Montano die in El Salvador nun de facto freigesprochenen Militärs schwer.
Aus den Betten gezerrt und kaltblütig erschossen
Am 16. November 1989 hatte die Todesschwadron der salvadorianischen Streitkräfte im Morgengrauen das Gelände der Zentralamerikanischen Universität UCA in der Hauptstadt San Salvador gestürmt. Sie erschoss die fünf spanischen sowie einen einheimischen Jesuiten.
Die Männer holten die Jesuiten aus ihren Betten, schleiften sie nach draußen und erschossen sie dort kaltblütig auf einem Rasenstück. Auch die Haushälterin und deren Tochter wurden getötet, um keine Zeugen zurückzulassen.
Die Geistlichen, vor allem Wortführer und Universitäts-Rektor Pater Ignacio Ellacuria, hatten die Menschenrechtsverletzungen des Militärregimes kritisiert. So rückten sie schließlich ins Fadenkreuz der Junta.
Staatsanwaltschaft forderte 150 Jahre Haft
Nach dem Bürgerkrieg wurde El Salvador zwar allmählich demokratisch, die regimefreundlichen Kräfte behielten jedoch ihren Einfluss. So verabschiedete die Regierung 1993 ein Amnestiegesetz, wodurch auch die am Jesuiten-Massaker beteiligten Militärs Schutz genossen. Erst 2016 wurde dieses Gesetz für verfassungswidrig erklärt.
"Es war ein politischer Auftragsmord", sagt Theologieprofessor und Nebenkläger Juan Jose Tamayo. So sah es dann auch die spanische Staatsanwaltschaft, die für Montano 150 Jahre Haft forderte, weil er das Massaker mitgeplant und ausgeführt haben soll. Da Spanien rechtzeitig einen Auslieferungsantrag stellte, sind seine Taten nicht verjährt. Montano erklärt sich trotz allem für unschuldig.