Die Internationale Theologenkommission des Vatikan hat ein umfassendes Dossier zur Religionsfreiheit vorgelegt. Darin wird für wachsenden Fundamentalismus in verschiedenen Gesellschaften auch ein liberaler Staat verantwortlich gemacht. Das rund 37-seitige Dokument wurde am Donnerstag publik. Eine zehnköpfige Unterkommission hatte es von 2014 bis 2018 erarbeitet. Papst Franziskus gab es am 21. März zur Veröffentlichung frei.
Radikalisierung als Reaktion auf Moderne
Religiöse Radikalisierung erscheine nicht nur als Rückkehr zu strengeren und traditionelleren Frömmigkeitsformen, sondern sei oft auch eine Reaktion auf den modernen Staat und dessen ethischen Relativismus, heißt es in dem Dossier. Als einen zweiten Grund für Radikalisierung vermuten die Autoren, dass der religionsneutrale Staat religiöse Bürger nicht zureichend davor schütze, aufgrund ihres Bekenntnisses in ihrer Teilhabe am kulturellen und politischen Leben behindert zu werden.
Begünstigung für totalitäre Ideologien
Die Studie spricht in dem Zusammenhang von einer weltanschaulichen Neutralität, die ethische und religiöse Motivationen ausklammere und so faktisch für die "Marginalisierung, wenn nicht den Ausschluss religiöser Ausdrucksformen aus dem öffentlichen Bereich" sorge. Damit gehe es um eine "nur scheinbare Neutralität des öffentlichen Bereichs und eine objektiv diskriminierende zivile Freiheit". Dies begünstige gewaltbereite und totalitäre Ideologien ebenso wie militante Formen von Religion.
Interreligiöser Dialog als Anliegen des Evangeliums
Zugleich wendet sich der Text gegen religiös motivierte Gewalt und fordert eine Gemeinwohlorientierung sowohl von Gläubigen als auch Nichtglaubenden. Interreligiöser Dialog stelle für die katholische Kirche weder eine Alternative noch einen Widerspruch zur Verkündigung des eigenen Glaubens, sondern bringe im Austausch auf der Grundlage von Gerechtigkeit und Respekt zentrale Anliegen des Evangeliums zum Ausdruck.