Radio Klassik Stephansdom kann weiter senden

Zuhörer finanzieren kirchlichen Radiosender

Die Erzdiözese Wien muss sparen und stellt die Finanzierung von Radio Klassik Stephansdom ein. Dennoch kann der Radiosender vorerst weitersenden. Geschafft hat man das, indem man die Hörerinnen und Hörer zu Spenden aufgerufen hat.

Symbolbild Radiogerät / © New Africa (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wie ist das, wenn man erfährt, dass man für seine Arbeit bald nicht mehr bezahlt werden soll?

Christoph Wellner / © Radio Klassik Stephansdom
Christoph Wellner / © Radio Klassik Stephansdom

Christoph Wellner (Chefredakteur Radio Klassik Stephansdom): Das war für uns alle ein großer Schock, weil es völlig unvorbereitet kam - vor allem in dieser drastischen Darstellung. Es war nicht eine Einsparung um 10, 20 oder 50 Prozent, die man in der heutigen Zeit gewohnt sein könnte, sondern es war die Ankündigung: minus 100 Prozent. Sie haben die Finanzierung komplett eingestellt. 

Wir haben eineinhalb Jahre Zeit gehabt, uns darauf vorzubereiten. Der 1. Januar 2025 wird der erste Tag ohne Unterstützung der Erzdiözese sein. Aber wir haben uns, glaube ich, sehr gut darauf vorbereitet.

Radio Klassik Stephansdom

Radio Klassik Stephansdom ist ein Klassiksender der Erzdiözese Wien. Die Studios befinden sich in der Singerstraße in der Nähe des Stephansdoms. Der Sendestart in Wien war am 24. September 1998 als Radio Stephansdom, mit 1. Juni 2015 wurde der Sender in Radio Klassik Stephansdom umbenannt. Gesendet wird seit Anbeginn über eine Anlage am Donauturm auf der Frequenz UKW 107,3 MHz, zu empfangen ist Radio Klassik Stephansdom in Wien und Umgebung sowie im südlichen Niederösterreich. Seit 10.

Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos (shutterstock)
Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: War die Redaktion in Schockstarre oder haben Sie sofort die Ärmel hochgekrempelt?

Wellner: Ich glaube, diese erste Schockstarre war verständlich. Aber das hat eine Stunde oder einen Tag gedauert. Wir haben sofort weitergemacht und gesagt, dass wir auf keinen Fall den Kopf hängen lassen oder in Apathie verfallen dürfen, weil das ein falsches Zeichen wäre. 

Wir sind davon überzeugt, dass wir gute Arbeit leisten und dann haben wir überlegt, wie wir an Geld kommen können. Das ist etwas, was viele Institutionen haben. 

Ich glaube, früher ist es immer wieder vorgekommen, dass es Mäzene gegeben hat, die viel Geld gehabt haben und daher mit großen Summen Projekte haben finanzieren können. In den letzten Jahren haben Leute, die wirklich reich waren, viel Geld verloren. Diese Mäzene gibt es nicht mehr. 

Wir haben uns gedacht, es wäre nichts naheliegender, als an die Menschen heranzutreten, von denen wir täglich hören, dass sie uns mögen - also unsere Hörerinnen und Hörer. Das hat uns für diesen ersten Schritt hundertprozentig Recht gegeben.

Christoph Wellner

"Wir haben schon immer gedacht, dass man uns mag."

DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen haben Sie denn von diesen Hörerinnen und Hörern bekommen?

Wellner: Wirklich ganz wunderbare Reaktionen, ganz persönliche Einblicke. Wir haben schon immer gedacht, dass man uns mag. Aber wenn das explizit ausgesprochen oder niedergeschrieben wird, sind das ganz großartige Zeugnisse. Dann weiß man, wie man in den Wohnzimmern, Schlafzimmern, Küchen und Autos ankommt - und das international. 

Einer der ersten Spender war ein Industrieller aus Deutschland, der seiner Frau ein Geburtstagsgeschenk machen wollte. Sie hat gesagt, spende für Radio Klassik Stephansdom. So ist ein vierstelliger Betrag aus Deutschland zu uns gekommen.

DOMRADIO.DE: Das heißt, die Hörerinnen und Hörer zahlen Sie dafür, dass es weiterlaufen kann?

Wellner: Ganz genau.

Christoph Wellner

"Wir müssen mit all unseren groß angelegten Plänen darauf warten, wer der neue Erzbischof von Wien wird."

DOMRADIO.DE: Es gibt ein Team dahinter, das diese gute Arbeit, wie sie es genannt haben, weitermachen möchte. Sind die nicht alle gleich weggelaufen?

Wellner: Nein, überhaupt nicht. Diese panischen Reaktionen - um Gottes Willen, es ist alles vorbei - hat es nicht gegeben. Stattdessen war es die Mentalität, dass wir weitermachen wollen und noch etwas zu sagen haben. Das hat sehr gut funktioniert.

Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, spricht während der Mehr-Konferenz am 5. Januar 2024 in Augsburg / © Christopher Beschnitt (KNA)
Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, spricht während der Mehr-Konferenz am 5. Januar 2024 in Augsburg / © Christopher Beschnitt ( KNA )

DOMRADIO.DE: Im Januar wird der langjährige Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn aus seinem Amt scheiden. Das macht Ihre Planungen für die Zukunft nicht leichter, oder?

Wellner: Nein, überhaupt nicht. Wir müssen mit all unseren groß angelegten Plänen darauf warten, wer der neue Erzbischof von Wien wird und wie er zu den Medien steht. Gerade konkret wie er zu diesem Radiosender, zu diesem Medienprojekt innerhalb der Erzdiözese steht. Letzten Endes muss man sich fragen, wie er persönlich zu einem steht. Das kann von Vorteil oder von Nachteil sein.

DOMRADIO.DE: Dann kann die Hoffnung aufkeimen, dass man von Seiten des Erzbistums Unterstützung bekommt?

Wellner: Ja, das ist durchaus möglich, obwohl wir uns darauf jetzt nicht kaprizieren.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Erzdiözese Wien

Die Erzdiözese Wien umfasst das Bundesland Wien und die östliche Hälfte von Niederösterreich. Aufgrund der besonderen Größe und der unterschiedlichen Struktur dieser Gebiete ist die Diözese in drei Regionen, die Vikariate unterteilt, für die jeweils ein Bischofsvikar als Stellvertreter des Bischofs verantwortlich ist.

Stephansdom in Wien (KNA)
Stephansdom in Wien / ( KNA )
Quelle:
DR