DOMRADIO.DE: Wie ist das, wenn man erfährt, dass man für seine Arbeit bald nicht mehr bezahlt werden soll?
Christoph Wellner (Chefredakteur Radio Klassik Stephansdom): Das war für uns alle ein großer Schock, weil es völlig unvorbereitet kam - vor allem in dieser drastischen Darstellung. Es war nicht eine Einsparung um 10, 20 oder 50 Prozent, die man in der heutigen Zeit gewohnt sein könnte, sondern es war die Ankündigung: minus 100 Prozent. Sie haben die Finanzierung komplett eingestellt.
Wir haben eineinhalb Jahre Zeit gehabt, uns darauf vorzubereiten. Der 1. Januar 2025 wird der erste Tag ohne Unterstützung der Erzdiözese sein. Aber wir haben uns, glaube ich, sehr gut darauf vorbereitet.
DOMRADIO.DE: War die Redaktion in Schockstarre oder haben Sie sofort die Ärmel hochgekrempelt?
Wellner: Ich glaube, diese erste Schockstarre war verständlich. Aber das hat eine Stunde oder einen Tag gedauert. Wir haben sofort weitergemacht und gesagt, dass wir auf keinen Fall den Kopf hängen lassen oder in Apathie verfallen dürfen, weil das ein falsches Zeichen wäre.
Wir sind davon überzeugt, dass wir gute Arbeit leisten und dann haben wir überlegt, wie wir an Geld kommen können. Das ist etwas, was viele Institutionen haben.
Ich glaube, früher ist es immer wieder vorgekommen, dass es Mäzene gegeben hat, die viel Geld gehabt haben und daher mit großen Summen Projekte haben finanzieren können. In den letzten Jahren haben Leute, die wirklich reich waren, viel Geld verloren. Diese Mäzene gibt es nicht mehr.
Wir haben uns gedacht, es wäre nichts naheliegender, als an die Menschen heranzutreten, von denen wir täglich hören, dass sie uns mögen - also unsere Hörerinnen und Hörer. Das hat uns für diesen ersten Schritt hundertprozentig Recht gegeben.
DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen haben Sie denn von diesen Hörerinnen und Hörern bekommen?
Wellner: Wirklich ganz wunderbare Reaktionen, ganz persönliche Einblicke. Wir haben schon immer gedacht, dass man uns mag. Aber wenn das explizit ausgesprochen oder niedergeschrieben wird, sind das ganz großartige Zeugnisse. Dann weiß man, wie man in den Wohnzimmern, Schlafzimmern, Küchen und Autos ankommt - und das international.
Einer der ersten Spender war ein Industrieller aus Deutschland, der seiner Frau ein Geburtstagsgeschenk machen wollte. Sie hat gesagt, spende für Radio Klassik Stephansdom. So ist ein vierstelliger Betrag aus Deutschland zu uns gekommen.
DOMRADIO.DE: Das heißt, die Hörerinnen und Hörer zahlen Sie dafür, dass es weiterlaufen kann?
Wellner: Ganz genau.
DOMRADIO.DE: Es gibt ein Team dahinter, das diese gute Arbeit, wie sie es genannt haben, weitermachen möchte. Sind die nicht alle gleich weggelaufen?
Wellner: Nein, überhaupt nicht. Diese panischen Reaktionen - um Gottes Willen, es ist alles vorbei - hat es nicht gegeben. Stattdessen war es die Mentalität, dass wir weitermachen wollen und noch etwas zu sagen haben. Das hat sehr gut funktioniert.
DOMRADIO.DE: Im Januar wird der langjährige Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn aus seinem Amt scheiden. Das macht Ihre Planungen für die Zukunft nicht leichter, oder?
Wellner: Nein, überhaupt nicht. Wir müssen mit all unseren groß angelegten Plänen darauf warten, wer der neue Erzbischof von Wien wird und wie er zu den Medien steht. Gerade konkret wie er zu diesem Radiosender, zu diesem Medienprojekt innerhalb der Erzdiözese steht. Letzten Endes muss man sich fragen, wie er persönlich zu einem steht. Das kann von Vorteil oder von Nachteil sein.
DOMRADIO.DE: Dann kann die Hoffnung aufkeimen, dass man von Seiten des Erzbistums Unterstützung bekommt?
Wellner: Ja, das ist durchaus möglich, obwohl wir uns darauf jetzt nicht kaprizieren.
Das Interview führte Katharina Geiger.