Redaktion kritisiert eigenen Titel über Kardinal Sarah

Artikel vom Verleger durchgedrückt?

Ein offener Streit beim französischen Magazin "Paris Match"? Eine Titelgeschichte über den konservativen Kurienkardinal Robert Sarah ist offenbar vom Verleger durchgedrückt worden und stößt auf Ablehnung der eigenen Redaktion.

Kardinal Robert Sarah auf dem Petersplatz / © Paul Haring (KNA)
Kardinal Robert Sarah auf dem Petersplatz / © Paul Haring ( KNA )

Wie französische Medien weiter berichten, beklagte der Redaktionsausschuss (SDJ) des Blattes am Mittwoch eine "Einmischung" des Eigentümers, der Lagardere-Gruppe, in die redaktionellen Entscheidungen.

Stapel Zeitungen / © Billion Photos (shutterstock)

Der Titel erschien an diesem Donnerstag. Er widmet sich dem in konservativen Kreisen geschätzten Kardinal Sarah (77) aus Guinea, der von Insidern immer wieder als Gegenpart zu Papst Franziskus betrachtet wird. Der Redaktionsausschuss wertete die Sarah-Geschichte als eine "gefährliche Wahl". Der Kardinal, bis 2021 Leiter der vatikanischen Liturgiebehörde, sei "der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt" und vertrete "sehr spaltende Positionen".

Furcht vor einem Imageschaden

Auch wenn das Thema durchaus von Interesse sei, so die Redakteure, so sei man doch "besorgt, dass die umstrittensten Positionen von Kardinal Sarah verschwiegen" worden seien; und weiter: "Wir befürchten auch, dass diese Titelgeschichte dem Image des 'Paris Match' schadet; einem Image, das über mehr als 70 Jahre aufgebaut wurde."

Der Chefredakteur des Magazins habe noch am Tag des Redaktionsschlusses versucht, "das Management der Lagardere-Gruppe zu überzeugen, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken; leider ohne Erfolg", so der Redaktionsausschuss. In Zusammenhang mit der Übernahme von Lagardere durch Vivendi hoffe man, dass dies "kein redaktionelles Umsteuern" markiere, das "unsere Unabhängigkeit in Frage stellt", so die Journalisten.

Nachrichten über Schwächung des Papstes als Argument herbeigezogen

Die Vivendi-Gruppe, die dem konservativen Milliardär Vincent Bollore gehört, wurde 2021 zum größten Anteilseigner der Lagardere-Gruppe, zu der auch "Le Journal du Dimanche" und Europe 1 gehören. Der Radiosender hatte nach Ankündigung einer Fusion mit dem Sender CNews eine regelrechte Flut von Abgängen erlebt. CNews hatte zum Aufstieg des rechtsextremen Politikers Eric Zemmour beigetragen, der zuletzt als Präsidentschaftskandidat einen großen Achtungserfolg erzielte.

Papst Franziskus wird gestützt / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus wird gestützt / © Paul Haring ( KNA )

Die Geschäftsführung von Lagardere entgegnete in einem Brief an die Chefredaktion des "Paris Match", der der Nachrichtenagentur AFP vorliege, man teile die geäußerten Befürchtungen nicht. Sie argumentiert, jüngste Nachrichten über eine Schwächung von Papst Franziskus belebten wieder das Thema seiner Nachfolge; es werde während des Konsistoriums der Kardinäle "in diesem Sommer allgegenwärtig sein", wird die Leitung von Lagardere zitiert.

Kardinal Robert Sarah

Kardinal Robert Sarah war früher Leiter der vatikanischen Gottesdienstkongregation. Papst Franziskus nahm am 20. Februar 2021 seinen Rücktritt an. Sarah war im Juni der Jahres 2020 75 alt geworden. Der Guineer erreichte damit jene Altersgrenze, in denen Bischöfe dem Papst nach dem Kirchenrecht ihren Amtsverzicht anbieten müssen. Seine fünfjährige Amtsperiode als Präfekt war bereits zuvor abgelaufen.

Kardinal Robert Sarah / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinal Robert Sarah / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA