Religionsführer in Südkorea rufen zur Einheit im Land auf

"Tiefe Wunden im Volk"

Führende Religionsvertreter in Südkorea haben das Land zur Einheit aufgerufen, bevor das Verfassungsgericht über die Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk-yeol entscheidet. Die Akzeptanz des Urteils sei essenziell.

Eine junge Frau im Gebet, im Hintergrund die südkoreanische Fahne / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Eine junge Frau im Gebet, im Hintergrund die südkoreanische Fahne / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( (Link ist extern)KNA )

Nur so könne der gesellschaftliche Frieden wiederhergestellt werden, das betonten sie einer gemeinsamen Erklärung, wie die Nachrichtenportale "Vatican News" und "Asianews" meldeten. Die Entscheidung der Höchstrichter wird für diese Woche erwartet.

"Wir glauben, dass das Verfassungsgericht ein gerechtes Urteil fällen wird. Unser Volk, unsere Regierung und unsere politischen Kreise müssen diese Entscheidung annehmen. Nur so kann das Vertrauen der Menschen zurückgewonnen und die zerstörte Ordnung wiederhergestellt werden", heißt es in der Erklärung mit dem Titel "Gehen wir gemeinsam voran", aus der "Asianews" zitiert. Unterzeichnet haben die Erklärung Vertreter der katholischen, protestantischen und buddhistischen Gemeinschaft.

Religionsführer-Appell erfolgt in angespannter politischen Lage

Der Appell der Religionsführer erfolgt in einer angespannten politischen Lage. Nach der Entlassung Yoons aus der Untersuchungshaft am Wochenende hat sich die gesellschaftliche Polarisierung weiter verschärft. Die Sicherheitskräfte sind in höchster Alarmbereitschaft und erwarten Demonstrationen sowohl von Anhängern als auch von Gegnern des Präsidenten.

Yoon droht die Amtsenthebung, weil er unter anderem beschuldigt wird, durch die Verhängung des Kriegsrechts während einer innenpolitischen Krise verfassungswidrig gehandelt zu haben. Im Dezember hatte das Parlament für seine Absetzung gestimmt. Sollte das Verfassungsgericht die Amtsenthebung bestätigen, müssten in Südkorea binnen 60 Tagen Neuwahlen stattfinden. Gegen Yoon läuft außerdem ein Strafverfahren wegen Aufwiegelung zur Rebellion. Er steht im Verdacht, sich durch undemokratische Mittel an der Macht halten zu wollen.

Politischer Konflikt hinterlässt "tiefe Wunden im Volk"

Die Religionsgemeinschaften kritisierten auch die Polarisierung der politischen Debatte. "Das Bedrückendste ist, dass der politische Konflikt tiefe Wunden im Volk hinterlässt", erklärten die Vertreter der größten Glaubensgemeinschaften Südkoreas. Sie mahnten dazu, parteipolitische Auseinandersetzungen zu überwinden: "Es ist Zeit, das Streiten zu beenden und über den Konflikt hinauszugehen, um Harmonie zu erreichen. Regierung und Opposition müssen ihre Kräfte zum Wohle des Volkes vereinen, statt sich gegenseitig zu bekämpfen."

Katholische Kirche in Südkorea

In Südkorea verzeichnet die katholische Kirche seit 20 Jahren eine stetes Wachstum. Im Süden der geteilten Halbinsel stieg die Zahl der Katholiken bis Ende 2021 laut Vatikan-Angaben auf etwa 5,86 Millionen. Von den derzeit rund 52 Millionen Einwohnern Südkoreas ist also jeder neunte katholisch.

Katholische Kirche in Südkorea (shutterstock)