Renovabis fordert Freilassung ukrainischer Geistlicher

"Die Hoffnung stirbt zuletzt"

In der Ukraine sind zwei Ordenspriester von russischen Besatzungstruppen verschleppt wurden. Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz fordert die Freilassung der zwei Geistlichen. Er fürchtet um die Gesundheit der Männer.

Thomas Schwartz / © Dieter Mayr (KNA)
Thomas Schwartz / © Dieter Mayr ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was wissen Sie über den aktuellen Zustand der beiden Entführten?

Luftballons in den Farben der Ukraine / © Daniel Reinhardt (dpa)
Luftballons in den Farben der Ukraine / © Daniel Reinhardt ( dpa )

Prof. Dr. Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks "Renovabis"): Es gibt im Moment keinen Kontakt zu ihnen. Wir sind mit dem Exarchat in Donezk verbunden und auch die bemühen sich Kontakt herzustellen.

Wir müssen allerdings nach Zeugenaussagen davon ausgehen, dass die Priester möglicherweise gefoltert werden, um von ihnen eine Art Geständnis zu erhalten, was ihnen von den Vertretern der russischen Verwaltung dort vorgeworfen wird. Dieses Geständnis ist dann für die weitere Legitimation eines zu erwartenden, folgenden Gerichtsurteils wichtig und würde dann auch notwendig sein, um eine Bestrafung für diesen Terrorismus-Vorwurf zu rechtfertigen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie eine Vermutung, warum es ausgerechnet diese beiden Geistlichen getroffen hat oder ist das eine Frage des Zufalls?

Schwartz: Man kann in diesem Krieg leider nichts mehr vermuten. Ich denke, sie sind nicht die einzigen Menschen, die unter Folter und Verhaftung stehen. Nun sind sie die einzigen griechisch-katholischen Priester, die in Berdjansk die ganze Zeit nahe bei den Menschen in ihrer Gemeinde gearbeitet haben. Eine mögliche Interpretation kann sein, dass diese beiden Priester verhaftet worden sind, um die sehr klare Position der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine mit ihrem Großerzbischof Schewtschuk zu verurteilen. Das ist zum einen sehr willkürlich, aber auch sehr planmäßig.

Das Schlimme bei der Sache ist, dass einer der Priester, Pater Bohdan Heletta, eine chronische Erkrankung hat und dazu spezielle Medikamente nehmen muss, die er in dieser Haft nicht bekommen wird. Von daher muss er momentan um sein Leben fürchten, auch wenn er nicht gefoltert würde, wovon wir aber ausgehen müssen.

DOMRADIO.DE: Die beiden Entführten sind Redemptoristen-Patres. Stehen sie auch in Kontakt mit dieser Ordensgemeinschaft?

Schwartz: Wir stehen mit Ordensgeistlichen der Gemeinschaft im permanenten Kontakt, zumal der Exarch der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche hier in Deutschland und Skandinavien, Bischof Bohdan Dzyurakh, selbst dem Orden der Redemptoristen angehört.

Ich habe mit ihm telefoniert und er teilt die schlimmsten Befürchtungen, die wir im Moment im Blick auf die Gesundheit und auch auf die Foltervorwürfe oder diesbezüglichen Ängste haben.

DOMRADIO.DE: Sie haben die sofortige und unversehrte Freilassung der zwei Seelsorger gefordert. Wie zuversichtlich sind Sie denn, dass das geschieht?

Schwartz: In einem solchen Krieg geben viele Menschen die Hoffnung auf. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die hoffnungslos sind. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wir hoffen wirklich, dass alle offiziellen, aber vor allen Dingen auch die inoffiziellen Kanäle, die es immer noch irgendwo gibt, bespielt werden, damit diese beiden Geistlichen möglichst bald freigelassen werden.

Wir stehen auch mit dem Roten Kreuz in Kontakt. Die beiden Entführten haben nichts verbrochen, außer den Menschen in einer Kriegsgegend zur Seite zu stehen.

DOMRADIO.DE: Könnte da auch Kalkül dahinter stecken, gerade Seelsorger zu verhaften, um das ukrainische Volk zu zermürben, wenn in so einem Krieg so etwas wie Seelsorge nicht mehr stattfinden kann?

Schwartz: Im Moment hat man den Eindruck, dass von russischer Seite alles unternommen wird, um zu zermürben. Da kann natürlich auch die Verhaftung von Seelsorgern eine dieser weiteren Eskalationsformen sein. Es gibt derer ja sehr viele.

Es wird aber vielleicht auch eine Bestrafung dafür sein, dass der Heilige Vater unlängst sehr klar die Brutalität russischer Besatzungskräfte in der Ukraine angeprangert hat. Es ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen, dass, nachdem der Papst am Sonntag im Angelus Ross und Reiter genannt hat, plötzlich zwei katholische Priester verhaftet werden.

DOMRADIO.DE: Abgesehen von Renovabis gibt es auch andere Stimmen, die die Freilassung der beiden Priester fordern und diese Entführung kritisieren. Diplomatische Bemühungen Deutschlands und der EU hat zum Beispiel auch der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn gefordert. Glauben Sie, dass die Politik da etwas erreichen könnte?

Schwartz: Zumindest kann sie einen Druck aufbauen. Immer dort, wo Namen genannt werden, wo Menschen mit Gesichtern und Namen versehen werden, ist es den Besatzern und den Aggressoren nicht so einfach, Gewalt gegen sie zu verwenden, wie das bei namenlosen und anonymen Menschen der Fall ist. Von daher ist es wichtig, dass wir auch die Namen nennen und dass wir auch fordern, dass Ivan Levytsky und Bohdan Heletta freigelassen werden.

Diese Namen zu nennen ist wichtig, aber es ist auch wichtig, dass wir beispielsweise auch um die Freilassung beten. Auch das ist uns im Kontakt mit dem Exarchat in Donezk gesagt worden. Wir sollten doch, und das wäre eine Bitte an alle Gemeinden, die jetzt davon hören, am Sonntag in den Gemeindegottesdiensten um die Freilassung der Priester beten und um die Freilassung vieler Menschen, die einfach willkürlich verhaftet worden sind.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Sorge um von russischer Armee entführte ukrainische Geistliche

Die griechisch-katholische Kirche der Ukraine hat erneut die sofortige Freilassung von zwei Geistlichen gefordert, die von russischen Besatzungstruppen verschleppt wurden. Man habe weiter keinen Kontakt zu den beiden Ordensleuten aus der Schwarzmeerstadt Berdjansk im Südosten der Ukraine, berichtete das Exarchat (Bistum) Donezk. Es sei zu befürchten, "dass die Geistlichen möglicherweise gefoltert werden, um von ihnen ein Geständnis zu erlangen", dass sie Waffen aufbewahrt hätten.

Ukrainische Soldaten im Krieg / © Roman Chop/AP (dpa)
Ukrainische Soldaten im Krieg / © Roman Chop/AP ( dpa )
Quelle:
DR