Renovabis-Pfingstaktion 2017 eröffnet in Köln

"Menschen im Osten Europas brauchen Perspektiven"

Vor dem Beginn der Renovabis-Pfingstaktion an diesem Sonntag betont der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki die Notwendigkeit der Unterstützung von Menschen in Mittel- und Osteuropa. Den Begriff "Wirtschaftsflüchtling" lehnt Woelki dabei ab.

Flüchtlinge in Ungarn / © Zoltan Gergely Kelemen (dpa)
Flüchtlinge in Ungarn / © Zoltan Gergely Kelemen ( dpa )

Migrationsgründe und deren Folgen im Osten Europas sind in diesem Jahr das Schwerpunktthema der Renovabis-Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa. Unter dem Leitwort "Bleiben oder gehen? – Menschen im Osten Europas brauchen Perspektiven!" ist die schon seit Jahren andauernde Arbeits- und Armutsmigration von Ost- nach Westeuropa im Blick.

Woelki: Begriff "Wirtschaftsflüchtling" ist "schrecklich und ungerecht"

"Niemand soll gehen müssen, sondern sich in seiner Heimat eine Zukunft aufbauen", betonte Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki bei der Eröffnungs-Pressekonferenz. Aufgabe von Renovabis sei, die Lebenssituation der Menschen vor Ort zu verbessern.

Woelki wandte sich gegen die Bezeichnung "Wirtschaftsflüchtling". Es sei "schrecklich und ungerecht", etwa Armuts- und Arbeitsmigranten aus Südosteuropa "mit diesem Wort zu diskriminieren", sagte er. Diese Menschen hätten nicht ihre Heimat verlassen, um in Italien, Deutschland, Österreich oder der Schweiz "schnellen Reichtum" anzuhäufen. Vielmehr seien sie aus Verzweiflung fortgegangen, "weil für sie und ihre Familien keine Zukunft in Sicht war". 

"Echte Bedrohung" für osteuropäische Staaten

Die anhaltende Abwanderung junger Menschen besonders aus Osteuropa bedeute für die betroffenen Staaten eine "echte Bedrohung", so der Kardinal. "Wenn Heranwachsende bei sich zu Hause keine Zukunftsperspektive sehen, wenn sie sich von der Generation ihrer Eltern und Großeltern oder auch von 'der Politik' im Stich gelassen fühlen, dann ist das eine dramatische Ansage." Durch die Abwanderung komme es zu einer Generation von "Euro-Waisen", deren Eltern im Westen Geld für die Versorgung ihrer Familie verdienen müssten. Zusammen mit Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pfarrer Christian Hartl wird Woelki die Aktion am kommenden Sonntag um 10 Uhr mit einem Gottesdienst im Kölner Dom eröffnen.

Hartl kommt es darauf an, die vielfältigen Ursachen der Migration im Osten Europas zu verstehen und "die Menschen hier für die Folgen von Migration in den Gesellschaften dort zu sensibilisieren und mit den Kirchen vor Ort und unseren Partnern nachhaltige Hilfe zu organisieren." Er zählte einige soziale Migrationsfolgen auf: "Da sind die zerbrechenden Familien, zurückbleibende Kinder oder alte Menschen." Ebenso negativ sind die Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder, "wenn besser ausgebildete jüngere Arbeitskräfte ihrem Land den Rücken kehren, weil sie in ihrer Heimat keine Lebensperspektive erkennen".

Werbung für Solidarität

Renovabis werbe für Solidarität und Unterstützung, so Hartl. "Gemeinsam mit unseren Partnern in Osteuropa sollen konkrete Projekte, etwa in Schule und Ausbildung, beruflicher Weiterbildung und in der regionalen Strukturförderung, realisiert werden, die allesamt Perspektiven für möglichst viele Menschen schaffen."

Die im albanischen Shkodra tätige Schwester Maria Christina Färber berichtete, nachdem Albanien als sicheres Herkunftsland deklariert wurde, sei die Situation für viele aus dem Westen zurückkehrenden Familien "der Horror". Die Ordensfrau, die eine Anlaufstation für Bedürftige und Kranke betreibt, sagte, die meisten Jugendlichen wollten bleiben. Doch viele flüchteten vor einem von Korruption geprägten System ohne Arbeit, Ausbildung und Krankenversorgung.

Veranstaltungen bis Pfingstsonntag

Im Erzbistum Köln finden zahlreiche Veranstaltungen zur Renovabis-Aktion statt. Am kommenden Samstag präsentiert sich Renovabis ab 10:30 Uhr mit Projektpartnern aus Mazedonien, Albanien, Rumänien und weiteren osteuropäischen Ländern auf einer Open-Air-Bühne vor dem Kölner Domforum mit Informationen und Musik.

Die 25. Renovabis-Aktion findet am Pfingstsonntag, 4. Juni, im Bistum Görlitz ihren Abschluss. An diesem Tag ist die Kollekte in allen katholischen Kirchen in Deutschland für Renovabis bestimmt.


Rainer Maria Kardinal Woelki / © Oliver Berg (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Oliver Berg ( dpa )

Pfarrer Christian Hartl / © Lisa Bahnmüller (Ren)
Pfarrer Christian Hartl / © Lisa Bahnmüller ( Ren )
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