Baumaterial und Schutt stapeln sich vor der Dormitio-Basilika. In der Gasse davor erklärt ein Reiseleiter seiner Gruppe den neoromanischen Bau. Der Blick ins Innere der Kirche, die an den "Heimgang Mariens" erinnert, bleibt ihnen verwehrt: Erst in wenigen Monaten wird das eiserne Tor zu einem der Wahrzeichen der Jerusalemer Altstadt sich wieder für Pilger und Besucher öffnen. Das deutschsprachige Benediktinerkloster wird seit knapp zwei Jahren umfassend renoviert. Ein Baustellenbesuch mit "Baumönch" Pater Basilius Schiel gibt eine Vorahnung.
"Die Dormitio soll zugänglicher und freundlicher werden", sagt Pater Basilius, von seiner Gemeinschaft mit den Renovierungsarbeiten beauftragt. Barrierefreiheit sei ein wesentliches Element, auch weil die Pilger älter würden. Um Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu helfen, wurden die Stufen in die Kirche reduziert, Rampen und ein barrierefreies WC geschaffen.
Auch bei den Arbeiten im Kloster hat man an alle Mönchsgenerationen gedacht. Einzelne Zimmer, Zellen genannt, sind größer und mit einem geräumigen Bad ausgestattet. Im Bedarfsfall können hier Pflegebetten aufgestellt werden, um älteren Brüdern so lange wie möglich ein Mitleben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.
Basilika erscheint heller und offener
Mehr Licht ist ein weiteres Anliegen der Sanierung. Die Cafeteria hat einen zweiten Durchgang erhalten, der Klosterladen soll weitere Fensterflächen bekommen. Heller und offener erscheint bereits die Basilika. Ihre Mauern, Mosaiken und Böden wurden vom Schmutz eines halben Jahrhunderts befreit, dunkle Fugen gegen helle und die dunklen Bleiglasfenster aus den 1970er Jahren gegen Onyxscheiben getauscht.
Die erneute Öffnung zweier in den 70er Jahren zugemauerter Seitenteile im Chor der Kirche bringt unterdessen nicht nur mehr Licht, sondern unterstreicht die Geografie der Heilsgeschichte. "Der Blick in Richtung Abendmahlssaal auf der einen und der Grabeskirche auf der anderen Seite ist wieder frei."
Gespannt ist Schiel auf Reaktionen zur neuen Deckengestaltung. Rot leuchtet neu die Kuppel über der Kirche, ein Hinweis auf das Kreuz, aber auch auf Pfingsten, wenn auf dem Zion die Herabkunft des Heiligen Geistes gefeiert wird. Der Bogen über dem Altar, der in das goldene Marienmosaik übergeht, strahlt in Marianisch-Blau, zugleich "Symbol des offenen Himmels über der Eucharistie und des Wassers bei der Fußwaschung".
Sorge vor Veränderungen
Manche, vor allem regelmäßige Besucher der Abtei, haben im Vorfeld Sorge vor den Veränderungen geäußert. Er könne dies nachvollziehen, sagt Pater Basilius, "weil die Dormitio für viele ein Ort der Identifikation ist. Aber Kirche darf und muss sich verändern und neue Flächen bieten, an denen Menschen sich reiben und an die sie andocken können".
Der Baumönch ist dankbar für die "24/7-Aufgabe", etwa für das Privileg, die Kirche zu allen Tages- und Nachtzeiten zu sehen, zu erleben, wie die Jerusalemer Sonne mit ihr spielt. Ein komplettes Kloster mit neuzugestalten, sei spannend und anstrengend zugleich. Nach knapp zwei Jahren Bauphase sei es aber an der Zeit, zu einem Abschluss zu kommen.
Mit der letzten Bundesregierung, die die Sanierung der Dormitio maßgeblich fördert, war ursprünglich ein Abschluss der Arbeiten bis Ende 2022 geplant worden. Immer wieder kam es jedoch zu Verzögerungen, wenn etwa der israelisch-palästinensische Konflikt an Schärfe gewann, Grenzübergänge geschlossen wurden und die mehrheitlich palästinensischen Arbeiter die Baustelle nicht erreichen konnten.
Bauen inmitten eines Konflikts mit Arbeitern aus drei Religionen und mit drei verschiedenen Festkalendern, sei auch bereichernd: "Es ist schön zu sehen, dass die Menschen im normalen Leben gut miteinander auskommen können".
Stromversorgung ist der Bremsklotz
Der letzte große Bremsklotz der Arbeiten: Für die moderne Wärmepumpe, an die unter anderem die Klimaanlagen in den Zellen und die Fußbodenheizung im Refektorium (Speisesaal) angeschlossen sind, wartet die Abtei seit Monaten auf das benötigte Upgrade bei der Stromversorgung. "Wenn das geregelt ist, fällt der letzte Flaschenhals." Zwischen Ostern und Pfingsten, hofft Pater Basilius, kommt es zum Endspurt der Arbeiten.
Noch steht in den Sternen, ob die Osterliturgie in der Abteikirche gefeiert werden kann. Fest stehen unterdessen zwei wichtige Termine im Leben der Gemeinschaft. Am 21. März wird der neue Steinaltar geweiht, der ein langes Provisorium verschiedener Holzaltäre beendet - "ein großer Wunsch der Gemeinschaft, die einen festen Bezugspunkt für ihr Gebetsleben möchte".
Die Mosaiktafeln, die den Altar zieren, sind zugleich eine Brücke in die Vergangenheit. Sie stammen vom alten Hochaltar der Abteikirche. Neben den Reliquien von acht Aposteln wird bei der Weihe ein kostbares Geschenk in den Altar eingesetzt werden: Die Heilige Schrift und die Benediktsregel, handschriftlich kopiert von einer Freundin der Gemeinschaft, in einer Schatulle, in die die Namen aller deutschen Benediktinerabteien eingraviert sind.
An Pfingsten dann erhält der neue Abt der Gemeinschaft, Pater Nikodemus Schnabel, in der Basilika seine Benediktion - wenn alles gut läuft, schon ohne Baustelle.