Restaurantkette mit besonderer Philosophie auf Expansionskurs

Mutterschutz als Erfolgsrezept

Als die jungen Studenten Eduardo Macia und Beatriz Fernandez vor gut 25 Jahren ihre Diplomarbeit an der Universität Cesa in Bogota abgaben, ernteten sie nur ungläubiges Kopfschütteln ihres Professors. Er hielt die Thesen der beiden angehenden Betriebswirtschaftler für undurchführbar. Heute sind Eduardo Macia und Beatriz Fernandez nicht nur glücklich miteinander verheiratet - sondern auch Urheber einer der wohl außergewöhnlichsten Firmenphilosophien in ganz Lateinamerika.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Bei "Crepes y Waffles", einer Art Fast-Food-Kette für Qualitätsmahlzeiten, sind fast nur alleinerziehende Mütter angestellt. Für diese (nicht nur) in Kolumbien außergewöhnlich große Bevölkerungsgruppe hat die Firma ein eigenes soziales Netz aufgebaut.

Bei Spätdiensten bezahlt das Unternehmen das Taxi, um auch in den gefährlichsten Städten Lateinamerikas einen sicheren Nach-Hause-Weg zu garantieren. Beim Kauf eines eigenen kleines Heims gibt "Crepes y Waffles" zinslose Kredite; ansonsten wären eigene vier Wände für die finanziell fast stets am Rande des Existenzminimums lebenden Frauen eine Illusion. Mit dem sicheren Monatseinkommen werden die Frauen zwar nicht reich; sie sind aber versorgt und haben die Möglichkeit, auch noch ein paar Pesos für die Altersvorsorge zurückzulegen.

Wenn es den Müttern gut geht
Selbstverständlich ist auch für eine Betreuung des Nachwuchses gesorgt, wenn die Alleinerziehenden zur Arbeit gehen. Das ist der zentrale Punkt der Strategie: "Wenn die Mütter die Sorge los sind, dass es ihren Kindern gut geht, konzentrieren sie sich voll auf die Arbeit und sind besonders motiviert", sagt Liliana Angarita.

Die Sozialarbeiterin von Crepes y Waffles ist für das Wohlbefinden der mehr als 1.000 alleinerziehenden Mütter zuständig, die in ganz Südamerika und mittlerweile auch in Europa eine Erfolgsgeschichte schreiben. 1985 begann mit der ersten kleinen Filiale in der Carrera 11, Nummer 85, in Bogota der Aufstieg der Idee - die heute in ganz Kolumbien, in Ecuador, Mexiko, Panama, Peru, Venezuela und auch in Spanien erfolgreich umgesetzt wird.

"Macho-Land" Kolumbien
In Kolumbien gibt es Hunderttausende alleinerziehende Mütter, die in dem "Macho-Land" schlicht von den Vätern im Stich gelassen wurden. Oft bezahlen diese keinen Unterhalt, verschwinden über alle Berge. Und die Frauen arbeiten hart, um ihren Kindern zumindest ein Stück Geborgenheit zu geben. In den traditionellen Unternehmen werden Frauen meist schlechter bezahlt, und oft gibt es auch keine Gelegenheit, die Kinder während des zehn oder zwölf Stunden langen Arbeitstages unterzubringen. Der Nachwuchs ist dann allein auf der Straße - und nicht wenige geraten auf die schiefe Bahn. Bei Crepes y Waffles unterzeichnen die Mütter mit dem Arbeitsvertrag auch eine Art Sozialversicherung für ihre Kinder.

Dieser Vertrauensvorschuss zahlt sich aus: Die Restaurants sind in erstklassigem Zustand, die Qualität der Speisen bestens. Den Kellnerinnen und Köchinnen ist die Freude an der Arbeit fast anzusehen. Das trägt dazu bei, dass die Firma zu einem internationalen Unternehmen aufgestiegen ist und immer weiter wächst.

Doch es gibt auch enge Grenzen: Wird eine Angestellte beim Diebstahl von Bargeld oder Ware erwischt, muss sie das Unternehmen sofort verlassen. Eine zweite Chance gibt es dann nicht mehr. Doch nur ganz wenige greifen in die Firmenkasse. Das wäre fast, als würden sie die eigenen Verwandten bestehlen.