Rio de Janeiro trifft die letzten Vorbereitungen für den Weltjugendtag

Keine Gefahr für Pilger

In den letzten Wochen stand Brasilien vor allem wegen Demonstrationen und Unruhen in den Schlagzeilen. Die Pilger müssen sich aber wenig Sorgen machen, sagt Felix Dane von der Konrad Adenauer Stiftung in Brasilien im domradio-Interview.
 

Polizist in Rio de Janeiro (dpa)
Polizist in Rio de Janeiro / ( dpa )

domradio.de: Guten Morgen, Herr Dane. Rio war nie eine ungefährliche Stadt, inwiefern hat sich die Sicherheitslage jetzt noch verschlechtert für die Weltjugendtagspilger?
 

Felix Dane: Richtig, Rio galt lange als eine Stadt, in der viel Gewalt herrscht. Und dann muss man natürlich auch sagen, dass sich die Gewaltlage in den letzten Jahren unglaublich verbessert hat, d.h. die Kriminalitätsrate, die Mordraten, die Drogenkämpfe – all das ist massiv zurückgegangen. Und umso bedauerlicher ist es, dass es jetzt durch diese Demonstrationen eben wieder zu Gewaltausbrüchen kommt. Die sind aber anderer Art und die kann man auch besser vorhersehen. Also die brasilianischen Demonstrationen waren ja in der Regel alle sehr friedlich und wurden dann nur gegen Ende von einem kleinen Teil der Demonstranten genutzt, um sich mit der Polizei Straßenschlachten zu liefern. Das ist sehr bedauerlich und besorgniserregend, erst recht wenn jemand wie der Papst kommt, der ja noch einmal eine ganz andere Würdenperson darstellt.

domradio.de: Aber glauben Sie jetzt, da besteht eine Gefahr für die Weltjugendtagspilger?
 

Dane: Nein, das sehe ich eher nicht so, denn die Demonstrationen richten sich nicht gegen den Papst und auch nicht gegen irgendeinen Confed Cup, sondern eindeutig gegen die politische Führung des Landes, und damit hat der Papst und die Pilger ja gar nichts zu tun.

domradio.de: Der Papst hat ja sogar gerade seine Sympathie mit den Demonstranten und ihrer Kritik bekundet. Glauben Sie, sein Apell kann die brasilianische Regierung beeinflussen?
 

Dane: Nun, diese brasilianische Regierung hat auf diese ganzen Proteste zunächst einmal sehr verhalten, dann aber ganz, ganz schnell mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen reagiert und ist auf die Forderungen der Demonstranten eingegangen. Darin unterscheidet sie sich auch sehr deutlich von anderen Protestbewegungen, wie z.B. in Ägypten oder der Türkei. Insofern glaube ich, dass der Papst mit seiner Rückenstärkung der Demonstranten natürlich einen gewissen Auftrieb für die Bevölkerung gegeben hat, die sich nun bestärkt fühlt, von so einem Würdenträger unterstützt zu werden. Das gibt ihnen natürlich Kraft. Ich glaube aber, dass der Einfluss auf die brasilianische Regierung direkt als solche eher gering ist, denn die Probleme, die da angeprangert werden, kann man ja nicht von heute auf morgen lösen, das sind ja Langzeit-Strukturprobleme, und da muss die Regierung auf lange Sicht sehen, quer durch die Parteien, wie man damit umgeht.

domradio.de: Wie eben schon gesagt, die Proteste richten sich gegen die Verschwendung öffentlicher Gelder bei vielen Großveranstaltungen. Wenn man sich die Liste ansieht: WJT, Confed Cup, Olympia, WM - hat sich Brasilien da übernommen?

Dane: Das denke ich ehrlich gesagt nicht. Brasilien ist ein Land, das viel stemmen kann, es ist ein großes Land, es hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt, der gerade abebbt. Aber prinzipiell gilt Brasilien heute als sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt und ist eine dieser aufstrebenden Nationen, großen Nationen. Deshalb glaube ich durchaus, dass Brasilien das durchaus stemmen kann und auch die finanziellen Mittel dafür hat. Was angeprangert wird, ist eben genau, dass die Gelder vielleicht zu stark in diese ganzen Spiele und Großereignisse gesteckt werden und sie dann eben bei anderen Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit fehlen. Was aber vor allem auch angeprangert wird, ist diese grassierende Korruption, die in Brasilien wirklich sehr ausgeprägt ist. Und die verhindert natürlich auch, dass diese Probleme im Dienstleistungswesen des Staates für seine Bevölkerung sich schnell ändern werden. Ich denke aber, dass hier bereits erste Schritte unternommen wurden, um das zu verbessern. So ist zum Beispiel entschieden worden, dass alle Steuereinahmen aus dem zukünftigen Ölgeschäft von den großen Feldern vor der Küste zu 75% in Bildung und zu 25% in das Gesundheitswesen gesteckt werden sollen, d.h. da werden enorme Geldmittel genau in diese Dinge fließen und glaube, dass sich Brasilien sich da nicht verhoben hat, sondern nur der Bevölkerung gerade klar wird, wie viel Geld eigentlich in Brasilien vorhanden ist und wie wenig bei ihnen ankommt.

domradio.de: Morgen beginnt jetzt der WJT – welche Bedeutung hat der für Brasilien?
 

Dane: Eine ganz, ganz große. Brasilien gilt ja als das größte katholische Land der Welt. Die katholische Kirche hat allerdings sehr viel Einfluss verloren. Nach den letzten Umfragen zählen sich bereits 22% zu den evangelikalen Kirchen. Das sind natürlich für die katholische Kirche besorgniserregende Zahlen. Denn Brasilien ist ein stark katholisch geprägtes Land, und die Kirche hat immer noch einen enormen Einfluss, und ebenso wird in der Bevölkerung der Papst als Oberhaupt der Kirche natürlich eine ganz besondere Stellung haben und das Land auf jeden Fall irgendwie mitprägen.

Das Interview führte Verena Tröster.