Bischof "Bob" kommt nicht aus einem einflussreichen Bistum, wie etwa Philadelphia, dessen Leiter früher fast automatisch den roten Kardinalshut erhielten. Er hat auch keine hervorgehobene Funktion inne - anders als etwa Jose Gomez, der mit 4,5 Millionen Gläubigen nicht nur das größte Erzbistum der Vereinigten Staaten anführt, sondern auch der US-Bischofskonferenz vorsteht. McElroy ist nicht einmal Erzbischof - wie beispielsweise Salvatore Joseph Cordileone von San Francisco.
Dass Papst Franziskus ungeschriebene Gesetze der katholischen Hierarchie ignoriert und den Bischof von San Diego in Kalifornien zum Kardinal ernennt, ist laut Beobachtern ein unmissverständliches Signal: Vor allem gegenüber den in den USA dominierenden konservativen Kirchenkreisen will er zum Ausdruck bringen, dass sich etwas ändern muss.
Speerspitze der "Franziskus-Bischöfe" in Amerika
Dafür ist McElroy genau der Richtige. Der in Harvard, Stanford, Berkeley sowie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom ausgebildete und mehrfach promovierte Kardinal in spe ist die Speerspitze der "Franziskus-Bischöfe" in Amerika. Als unprätentiöser Reformer steht er im Ruf, intellektuell brillant und theologisch fundiert zu sein.
Ein ums andere Mal fiel der progressive Kirchenmann bei Bischofsversammlungen damit auf, die Prioritäten seiner Amtskollegen zu hinterfragen. Er wollte wissen, warum das Thema Abtreibung alles andere überlagere, obwohl die Folgen von Armut, Migration, Klimawandel und Rassismus langfristig viel gravierender seien.
"Eucharistie nicht als Waffe nutzen"
Als eine Gruppe unter Führung des Bischofskonferenz-Vorsitzenden Gomez versuchte, einen Beschluss herbeizuführen, der US-Präsident Joe Biden und andere in Sachen Abtreibung liberal gesinnte katholische Politiker von der Kommunion ausgeschlossen hätte, argumentierte McElroy leidenschaftlich gegen eine Politisierung der Eucharistie. Letztlich blieb es - auch wegen einer Intervention des Vatikan - bei einem entschärften Dokument.
"Das bringt unglaublich destruktive Konsequenzen", warnte McElroy jüngst in einem vom Jesuiten-Magazin "America" publizierten Brief vor einem erneuten Anlauf der Konservativen. "Die Eucharistie wird zu einer Waffe gemacht und als Werkzeug der politischen Kriegsführung eingesetzt. Das darf nicht passieren", so der 68-Jährige.
Kurz darauf geschah es trotzdem. Erzbischof Cordileone schloss die Sprecherin im US-Kongress, Nancy Pelosi, wegen ihrer Haltung zur Abtreibung von der Kommunion aus. Die Demokratin und Katholikin müsse sich öffentlich lossagen vom Bösen und ihre Sünden bekennen, forderte der Erzbischof.
Beobachter sprechen von Retourkutsche
Etliche Beobachter sehen in der Entscheidung des Papstes, Cordileone und Gomez zu übergehen, eine Retourkutsche. Diese Erfahrung mussten bei früheren Ernennungen schon andere Kandidaten machen, wie der emeritierte Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput. Auch er wartete vergeblich auf die Erhebung in den Kardinalsrang.
Vor diesem Hintergrund klingen die Stellungnahmen seiner Amtsbrüder zur Ernennung McElroys einigermaßen kurios. Der Papst habe "seine seelsorgerische Fürsorge für die Kirche in den USA" zum Ausdruck gebracht, schrieb etwa Gomez. Cordileone gratulierte knapp und hob als Gemeinsamkeit hervor, dass der neue Kardinal aus San Francisco stamme. Die Kontroversen zwischen den beiden Geistlichen zu Streitfragen um Abtreibung und die Öffnung der Kirche für LGBTQ-Personen blieben in der Reaktion unerwähnt. Im vergangenen Jahr gehörte McElroy zu den Unterzeichnern des Briefs einer Gruppe von Bischöfen, die sich gegen eine Ausgrenzung von Homo, Bi- und Transsexuellen innerhalb der Kirche wandten.
Unterstützer des päpstlichen Reformkurses
McElroy ist der fünfte US-Amerikaner, den Papst Franziskus ins Kardinalskollegium aufnimmt. Die anderen, bereits früher ernannten sind Blase Cupich aus Chicago, Joseph Tobin aus Newark, Wilton Gregory aus Washington und Kevin Farrell, der als Präfekt im Vatikan für Familienfragen zuständig ist.
Der neu Berufene gilt seit seiner Ernennung zum Bischof von San Diego 2015 als entschiedener Unterstützer des päpstlichen Reformkurses. Er nahm 2019 als Delegierter an der Amazonas-Synode teil und dürfte zukünftig alles daran setzen, die US-Kirche stärker mit den Prioritäten des Papstes in Einklang zu bringen. Oder wie der künftige Kardinal es in seiner Stellungnahme formulierte: "Ich bete, dass ich dem Heiligen Vater bei seiner pastoralen Erneuerung der Kirche helfen kann."