Roms Bramante-Kloster ist Schauplatz moderner Kunst

Wo klösterliche Renaissance zeitgenössischen Wahnwitz trifft

Rom besteht aus alten Gemäuern. In dem ein oder anderen trifft jedoch mittlerweile Moderne auf Antike oder auch mal auf Renaissance. So auch im Kloster von Donato Bramante.

Autor/in:
Anna Mertens
Renaissance-Kloster Chiostro del Bramante in Rom / © penofoto (shutterstock)
Renaissance-Kloster Chiostro del Bramante in Rom / © penofoto ( shutterstock )

Es gilt als außergewöhnliches Beispiel der Renaissance-Architektur. Das "Chiostro del Bramante", Kloster des Bramante, befindet sich versteckt im römischen Gassen-Dschungel, unweit der Piazza Navona. Der Erbauer, Donato Bramante (1444-1515), war nicht nur der erste Architekt von Papst Julius II., beteiligt am Bau des Petersdoms, sondern auch großer Rivale des Renaissance-Stars Michelangelo (1475-1564). Mit dem nach ihm benannten Kreuzgang, der mit der Kirche Santa Maria della Pace verbunden ist, schuf er ein elegantes Gebäude voller Symmetrien - in dem heute die wilden Seiten zeitgenössischer Kunst zu besichtigen sind.

"Crazy. Der Wahnwitz der zeitgenössischen Kunst"

"Crazy. Der Wahnwitz der zeitgenössischen Kunst" heißt die aktuelle Ausstellung, die bis Anfang 2023 läuft. 21 Künstler aus aller Welt beteiligen sich. Darunter Namen wie Lucio Fontana, Tobias Rehberger oder Anri Sala. Sie alle lassen die geraden Linien der Mauern und die kühle Ästhetik zu einem Farbschauspiel mit illusionistischen Elementen werden. Dabei lässt der etwas unscheinbare Eingang neben dem von Säulen gestützten Hauptportal der Kirche nichts dergleichen vermuten.

So stolpert der Betrachter beim Betreten der Gemäuer förmlich in den Säulengang mit Kreuzgewölbe. Der Boden des Innenhofs ist mit einem überdimensionalen Spiegel bedeckt - in unzählige Stücke zerbrochen. Auch wenn das Betreten der Spiegelfläche verboten ist, bieten die Anblicke vom Erdgeschoss und über die Balustraden im ersten Stock einen eindrucksvollen visuellen Effekt. "Passi", Schritte, betitelt der italienische Künstler Alfredo Pirri seine zerborstenen Spiegelarbeiten.

Beim Rundgang entlang der 16 Säulen - in Anlehnung an den römischen Architekten Vitruv die perfekte Zahl - fallen die Fresken an den Innenwänden auf. Die sogenannten Lünetten, das Bogenfeld am oberen Abschluss der einzelnen Rundbögen, sind mit Geschichten aus dem Leben der Jungfrau Maria bemalt und mit Episoden aus der Kirchengeschichte ergänzt. Die gut erhaltenen Malereien erinnern daran, dass es sich um einen Sakralbau handelt - trotz Gianni Politis Teufelsmasken an den Wänden und einem Sofa, auf dem Puppen mit massiven Steinköpfen sitzen. Letzteres das Werk von Sun Yuan & Peng Yu.

Im Inneren des Gebäudes lassen zahlreiche große und oft bunte Stellwände bedauerlich wenig Einblick in die ursprünglichen Klostergemäuer. Dafür kommt die zeitgenössische Kunst umso knalliger und monumentaler um die Ecke. An vielen Stellen scheint das Dekorative im Vordergrund zu stehen. Angefangen bei einer wild blinkenden Bodenskulptur von Massimo Bartolini. Er bringt die sonst bei Feiern als Girlanden aufgehängten Lichterketten auf den Boden, so dass sie eher abschreckend blenden, als romantisches Licht zu zaubern.

Kolosseum in Rom / © Paolo Gallo (shutterstock)

Arbeiten von Lucio Fontana

Einige der Skulpturen, etwa die Arbeit von Lucio Fontana, sind nicht eigens für die Ausstellung entstanden. Seine Arbeit war bereits auf der Documenta 1968 in Kassel zu sehen. Ein weiß getünchter Raum mit schmalen Gängen, in dem der typische Fontana-Schlitz das Weiß durchbricht. Auch die Arbeit des albanischen Künstlers Anri Sala ist nicht neu. Seine Drums, die sich wie von Geisterhand spielen, und im Raum oder an der Decke platziert sind, verlieren dennoch auch beim x-ten Mal nicht an Faszination; genauso wenig wie ein von Tobias Rehberger mit unzähligen Fischkonservendosen dekorierter Raum.

Die Ausstellung zieht sich bis in die erste Etage des Klostergebäudes. Die enge Steintreppe hinauf ist gesäumt von 15.000 schwarzen Papierschmetterlingen des mexikanischen Künstlers Carlos Amorales. Leicht melancholische Musik im Hintergrund lässt ein Gefühl der Morbidität aufkommen. Dieses wird jäh gebrochen beim Betreten des nächsten Raumes, den die Künstlerin Hrafnhildur Arnardottir aka Shoplifter mit grellem künstlichen Haar ausgekleidet hat.

Zum Abschluss der Ausstellung, die auf der zweiten Etage endet, bietet sich die Möglichkeit aus dem Cafe auf der zweiten Etage einen Blick auf das Raffael-Fresko der antiken Seherinnen in der anliegenden Kirche zu werfen. Das Cafe-Gewölbe ist unter dem Titel "Fallen Fruits" von David Allen Burns und Austin Young mit nackten Amors bemalt. Erfrischt bleibt nur die Treppe nach unten zu schreiten - auf einem Meer aus Farbe von Ian Davenport.

Quelle:
KNA