Russische Orthodoxe gewähren Ukraine-Kirche Unabhängigkeit

Loslösung vom Moskauer Patriarchat

Die russisch-orthodoxe Kirche akzeptiert nach eigenen Angaben die völlige Unabhängigkeit ihres ukrainischen Zweiges. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche hatte zuvor ihre Loslösung vom Moskauer Patriarchat beschlossen.

Autor/in:
Oliver Hinz
Metropolit Hilarion / © Bennian (shutterstock)

Der Außenamtschef des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, stimmte am Samstag in einer Videobotschaft der Entscheidung der eigenen ukrainisch-orthodoxen Kirche zu, ab sofort komplett eigenständig zu sein. Zugleich betonte er: "Die Einheit der russischen und ukrainischen Kirche bleibt gewahrt, und wir werden diese Einheit weiter stärken."

Ukrainisches Konzil verurteilt Russlands Angriffskrieg

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche hatte am Freitag bei einem Landeskonzil in Kiew ihre Loslösung vom Moskauer Patriarchat beschlossen, dem sie seit 1686 unterstand. Sie begründete den Schritt damit, dass sie mit der "Position des Patriarchen von Moskau und ganz Russland Kyrill zum Krieg in der Ukraine" nicht einverstanden sei. Die Unterstützung von Patriarch Kyrill I. für Russlands Einmarsch in der Ukraine sorgt auch im ukrainischen Zweig seiner Kirche seit Monaten für Empörung. Das ukrainische Konzil verurteilte Russlands Angriffskrieg als Verstoß gegen das Gebot "Du sollst nicht töten" und sprach allen Menschen, die unter dem Krieg litten, sein Beileid aus.

Hilarion sagte, das kirchliche Zentrum der ukrainischen Orthodoxen liege nicht in Moskau, sondern in Kiew. Die Kirche des Nachbarlandes sei weder organisatorisch noch finanziell auf irgendeine Weise von Moskau abhängig. Der Sprecher der russisch-orthodoxen Kirche, Wladimir Legoida, hatte sich am Freitagabend in einer ersten Reaktion noch überrascht vom Votum des ukrainischen Landeskonzils gezeigt. "Wir beten für die Bewahrung der Einheit der russisch-orthodoxen Kirche", erklärte er. Zu den konkreten Folgen der Unabhängigkeit der ukrainischen Kirche zählt offensichtlich auch, dass der Kiewer Metropolit Onufri nicht mehr dem Leitungsgremium der russisch-orthodoxen Kirche angehört. Der 77-Jährige steht seit 2014 an der Spitze der ukrainischen Kirche.

Orthodoxe Kirchen in der Ukraine

Allerdings gab sie bisher nicht bekannt, welche Änderungen ihres Kirchenstatuts das Konzil beschlossen hat. Daran nahmen Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien aus allen Diözesen teil. Schon bisher wählte die Moskau unterstehende ukrainische Kirche ihr Oberhaupt und ihre Bischöfe selbst. Ihre seit vielen Jahren bestehende Autonomie umfasste auch die Finanzen. Rund 60 Prozent der etwa 41 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören im Wesentlichen zwei Kirchen an: der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der Ende 2018 gegründeten eigenständigen (autokephalen) orthodoxen Kirche der Ukraine. Das Konzil drückte sein "tiefes Bedauern über den Mangel an Einheit in der ukrainischen Orthodoxie" aus.

Man gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass ein Dialog mit der orthodoxen Kirche der Ukraine begonnen werden könne. Dazu müssten deren Vertreter aber unter anderem "die Beschlagnahme von Kirchen und die Zwangsversetzung von Gemeinden der ukrainisch-orthodoxen Kirche stoppen". Die Kirche des Moskauer Patriarchats zählt in der Ukraine mit rund 12.000 Pfarreien zwar deutlich mehr als jede andere Konfession. Aber in Umfragen bekannten sich die meisten Bürger zur neuen, unabhängigen orthodoxen Kirche. Zu ihr sollen seit Februar etwa 400 vormalige Gemeinden des Moskauer Patriarchats gewechselt sein. Nach eigenen Angaben zählt sie nun etwa 7.600 Pfarreien.

Quelle:
KNA