Russlands Außenminister empfängt Parolin

Ernste Gespräche in entspannter Atmosphäre

Noch bis Donnerstag besucht Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin Russland. Für den Chefdiplomaten des Papstes stehen dabei auch politische Treffen auf der Agenda. Beim Meeting mit Außenminister Lawrow entdeckte man Gemeinsamkeiten.

Pietro Parolin (l.) mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow / © Pavel Golovkin (dpa)
Pietro Parolin (l.) mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow / © Pavel Golovkin ( dpa )

Die Haltungen des Vatikan und Russlands zur "friedlichen Beilegung" von internationalen Konflikten und der "Abwehr von Terrorismus und Extremismus" lägen nah beieinander, betonte Lawrow an diesem Dienstag bei der Begrüßung des Chefdiplomaten des Papstes. Gemeinsamkeiten gebe es auch bei der Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs sowie der Stärkung der sozialen Gerechtigkeit und der Rolle der Familie.

Schutz von Christen in Konfliktregionen

Lawrow wollte laut einer Ankündigung seiner Sprecherin mit Parolin unter anderem über die Lage in Syrien, Libyen und in anderen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas sprechen. Auf der Tagesordnung stünden außerdem der Schutz der Christen in Konfliktregionen und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Lawrow hatte zuletzt im Dezember den Vatikan besucht und war dort mit Parolin zusammengekommen.

Vatikan bittet Moskau um Vermittlung in Venezuela-Krise

Der Kardinalstaatssekretär aus dem Vatikan hat Russland unterdessen zur Vermittlung im krisengeschüttelten Venezuela ermuntert. Er denke, dass Russland bei der Lösung der Krise in dem südamerikanischen Staat helfen könne, weil es eng mit dem Land verbunden sei, sagte Parolin nach der Begegnung mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. Die Konfliktparteien in Venezuela könnten ihre Probleme nur durch Verhandlungen beilegen.

Seit Wochen gibt es in Venezuela Massenproteste gegen die sozialistische Regierung mit Dutzenden Toten. Seit Jahren regiert Präsident Nicolas Maduro mit Hilfe von Sonderdekreten und Ausnahmezustand am Parlament vorbei. Zudem fanden seitdem keine Regional- und Kommunalwahlen mehr statt, obwohl diese überfällig sind.

Kyrill I. plädiert für katholisch-orthodoxe Zusammenarbeit

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. setzt weiter auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Vatikan. Seine erste Begegnung mit Papst Franziskus im Februar 2016 auf Kuba habe eine "neue Etappe in der Entwicklung unserer Beziehungen" eingeläutet, sagte das Kirchenoberhaupt in Moskau zu Beginn eines Treffens mit dem vatikanischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, wie die Nachrichtenagentur RIA Novosti meldete. Auf dieser Grundlage könnten geeignete Vorhaben entwickelt und umgesetzt werden.

Parolin sagte, sein Besuch in Moskau solle als ein "kleiner Ziegelstein" diese neuen Beziehungen voranbringen. Geduld sei eine christliche Tugend, fügte er mit Blick auf Journalistenfragen nach zukünftigen Schritten beider Kirchen hinzu.

Kyrill I. warb dafür, dass die russisch-orthodoxe und die katholische Kirche in der Ukraine gemeinsam zum Frieden beitragen. Er lobte, dass beide Kirchen in ihrer Haltung zum Konflikt in der Ukraine weitgehend übereinstimmten. Auch die Zusammenarbeit bei der Unterstützung der Christen im Nahen Osten sei wichtig.

Treffen mit Putin geplant

Weiterer Höhepunkt von Parolins Besuchsprogramm in Russland ist ein Treffen mit Staatspräsident Wladimir Putin am Mittwoch in Sotschi. Parolin, zweithöchster Repräsentant der katholischen Kirche nach Papst Franziskus, hatte am Montag eine Messe in der überfüllten katholischen Kathedrale in Moskau gefeiert. Zuvor war er in der Vatikanbotschaft mit den vier katholischen Bischöfen Russlands zusammengekommen und vom Außenamtschef der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion, empfangen worden.

Zankapfel griechisch-katholische Kirche der Ukraine

Hilarion kritisierte bei seiner rund zweistündigen Begegnung mit Parolin die dem Papst unterstehende griechisch-katholische Kirche der Ukraine. Er warf ihr "politisierende Stellungnahmen und aggressive Handlungen" vor. Die Kirchen in der Ukraine sollten Frieden stiften und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen, so der Metropolit.

Politik habe im kirchlichen Leben nichts verloren. Vor Journalisten betonte er, ein Papstbesuch in Russland und eine Reise des Moskauer Patriarchen nach Rom stünden momentan nicht auf der Tagesordnung.

Gesprächsthema Kircheneigentum

Parolin will in Russland auch über die Schwierigkeiten der Katholiken sprechen, Kircheneigentum zurückzuerhalten, das ihnen das Moskauer Regime nach der Oktoberrevolution von 1917 weggenommen hatte. Es handele sich um ein "sehr ernstes" und "wirklich dringendes Problem", sagte er in einem am Dienstag vom Moskauer Erzbistum veröffentlichten Interview. Seit einigen Jahren kämpft das Erzbistum etwa vor einem Moskauer Gericht mit der Stadtverwaltung um die Rückgabe der Peter-und-Paul-Kirche. Das Bistum beruft sich dabei auf ein Gesetz aus dem Jahr 2010, nach dem Religionsgemeinschaften Anspruch auf ihre vom kommunistischen Regime enteigneten Sakralbauten haben.

Parolins Besuch ist der ranghöchste aus dem Vatikan in Russland seit 1999. Damals weihte der frühere Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano die katholische Kathedrale in Moskau neu. Als erster Kardinalstaatssekretär war 1988 Agostino Casaroli, der Architekt der vatikanischen Ostpolitik, aus Anlass der 1.000-Jahr-Feier der Christianisierung Russlands nach Moskau gereist.

Erst 1991 hatte der Heilige Stuhl in Moskau wieder eine Vertretung eröffnet. Unter Papst Benedikt XVI. (2005-2013) nahmen Russland und der Heilige Stuhl Ende 2009 volle diplomatische Beziehungen auf und beriefen 2010 offiziell Botschafter.


Patriarch Kyrill I. / © Natalia Gileva (KNA)
Patriarch Kyrill I. / © Natalia Gileva ( KNA )
Quelle:
KNA