domradio.de: Bis Donnerstag ist Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin in Russland unterwegs. Was steht auf dem Programm?
Pater Bernd Hagenkord (Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan): Ich glaube, da kann man drei verschiedene Bereiche nennen. Einmal das Treffen mit den Vertretern der katholischen Kirche - das ist das Selbstverständliche. Dann noch das Treffen mit den Vertretern der orthodoxen Kirche mit Patriarch Kyrill. Und dann gibt es noch ein politisches Treffen, dabei wird der Kardinalstaatsekretär als Chefdiplomat des Vatikan den Außenminister Russlands treffen, Sergei Lawrow, und zum Abschluss wird er in Sotschi auch Präsident Putin begegnen.
Das Ganze hat also auch eine politische Dimension. Der Papst ist ja ein sehr politischer Papst, dem die Probleme der Welt ein Anliegen sind. Und die versucht er auch zu besprechen, beziehungsweise in diesem Fall besprechen zu lassen.
domradio.de: Mit welcher "Botschaft" fährt Pietro Parolin nach Russland?
Hagenkord: Ich glaube, das ist die Botschaft, die auch Papst Franziskus immer in Diskussionen bei politischen, sozialen und ökonomischen Problemen anbringt: Dialog, Dialog, Dialog. Wir müssen reden. Da geht es auch um sehr schwierige Sachen. Es geht um die Ukraine, es geht um Syrien und um Dinge, bei denen Russland und der Vatikan nicht immer die selbe Meinung haben. Und das will der Papst und vermutlich auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin anbringen: Lasst den Gesprächsfaden nicht abreißen, setzt nicht nur auf Macht und Bomben, sondern redet miteinander. Ich glaube, das ist die große Botschaft, die Kardinalstaatssekretär Parolin bringt.
Und natürlich auch den Wunsch des Vatikan sich zu beteiligen, sich zu engagieren, nicht nur an der Seitenlinie zu stehen und zu kommentieren, sondern auch als Dialogpartner, als Ausrichter und als Hilfesteller für den Dialog zu fungieren. Denn der Vatikan hat im Moment eine wichtige Rolle bei diesen internationalen Problemen, und er wird gehört.
domradio.de: Es heißt, die Reise des Kardinalstaatsekretärs soll eine mögliche Papstreise vorbereiten. Ist da was dran?
Hagenkord: Ja und Nein. Der Papst hat sehr deutlich gesagt, er würde sofort nach Russland fahren. Aber da gibt es einige Probleme, was die Anerkennung oder die Duldung der katholischen Kirche in Russland angeht. Die russisch-orthodoxe Kirche sagt, die kanonische Kirche, die einzig gültige Kirche in Russland ist die russisch-orthodoxe Kirche, der Rest betreibe nur Proselytismus (In der Religion bzw. Mission eine negative Bezeichnung für das Abwerben von Gläubigen aus anderen Konfessionen, Anm. d. Red.).
Da sind Vorwürfe, die das Patriachat nicht ganz so sieht. Aber es gibt starke Oppositionskräfte, die schon das Treffen von Kyrill und Papst Franziskus auf Kuba kritisch gesehen haben, das ja genau deswegen nicht in Russland stattgefunden hat. Von daher muss Patriarch Kyrill in seinem eigenen Land noch Widerstände überwinden. Papst Franziskus würde, glaube ich, sofort hinreisen. Das wollten auch Papst Benedikt und Papst Johannes Paul schon. Aber ich glaube, innerrussisch ist das im Augenblick noch etwas problematisch. Deswegen gehe ich davon aus, dass es wirklich nur eine Reise des Kardinalstaatssekretärs nach Russland ist und keine Vorbereitungsreise.
Das Gespräch führte Silvia Ochlast.