Schlag gegen die FARC-Guerilla gelungen - Streit zwischen Kolumbien und Venezuela

Südamerika in Aufruhr

Die kolumbianische Armee hat am Freitag den zweithöchsten Führer der FARC-Guerilla, Raúl Reyes getötet. Der Überfall fand zwei Kilometer hinter der Grenze, auf ecuadorianischem Gebiet statt. Ecuadors Präsident Rafael Correa hat wegen des Vorfalls alle diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien abgebrochen. Auch die Befreiung der früheren kolumbianischen Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt sei durch den Überfall verhindert worden, sagte Correa nach Berichten der ecuadorianischen Tageszeitung "El Comercio".

 (DR)

"Anstatt wegen des heimtückischen Angriffs auf unsere Souveränität um Entschuldigung zu bitten, hat es die kolumbianischen Regierung gewagt, uns vorzuwerfen, wir schützten die FARC", sagte Correa in der Hauptstadt Quito. Auch Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro erklärte in Caracas, die Diplomaten der kolumbianischen Botschaft müssten sein Land verlassen.

Venezuelas Präsident, Hugo Chavez, unterstützt seinen Kollegen in Ecuador und verurteilte die Grenzverletzung Kolumbiens. Er drohte dem Nachbarn mit einer Militäraktion, falls kolumbianische Truppen auf venezolanisches Gebiet vorstoßen. Genauso wie Ecuador beorderte auch Venezuela Truppen an die Grenze zu Kolumbien.

Unterstützt Venezuela die FARC?
In einem Schreiben an seinen Amtskollegen in Ecuador entschuldigte sich Kolumbiens Außenminister Fernando Araujo für die Verletzung der Souveränität der Grenzen Ecuadors. Sie sei aber unvermeidbar gewesen.

Kolumbien warf Venezuela und Ecuador erneut vor, die FARC zu unterstützen. Dies hätten weitere Dokumente ergeben, die sich auf den drei sichergestellten Computern von Raúl Reyes befunden hätten, sagte Polizeichef Óscar Naranjo. Demnach habe Venezuela den Rebellen im Februar 300 Millionen Dollar in Aussicht gestellt. Zwischen den FARC und der venezolanischen Regierung gebe es eine bewaffnete Allianz, sagte der kolumbianische General.

Nach Schweizer Medienberichten erklärte der kolumbianische Vizepräsident Francisco Santos Calderon am Dienstag vor der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf, dass es auf dem Computer des getöteten FARC Führers auch Hinweise auf den Erwerb von radioaktivem Material durch FARC-Rebellen gäbe.

Nach Berichten der Baseler Zeitung kündigte Präsident Alvaro Uribe am Dienstag vor Journalisten sogar an, Hugo Chávez wegen Unterstützung der Rebellengruppe und Finanzierung von Völkermord beim internationalen Strafgerichtshof anzuzeigen.

Chávez als Vermittler?
Noch zu Beginn dieses Jahres profitierten kolumbianische Geiseln von den Verbindungen des venezuelanischen Präsidenten Hugo Chávez zur FARC. Nach monatelangen Verhandlungen zwischen den Rebellen und der Regierung  wurden im Februar 2008 die kolumbianischen Politiker Gloria Polanco, Luis Eladion Pérez, Orlando Beltrán und Jorge Eduardo Géchem von den FARC freigelassen. Schon im Januar waren die frühere Wahlkampfleiterin von Ingrid Betancourt, Clara Rojas und die Kongressabgeordnete Consuelo González frei gekommen. Ingrid Betancourt und ihre Wahlkampfleiterin Clara Rojas waren 2002 entführt worden. Consuelo González 2001.

Während die FARC, die in Entführungen und Drogenhandel verstrickt sind, in den USA und der EU als  Terrororganisation gelten, verlangt Chávez die Organisation als politische Kraft anzuerkennen.

Kirche in Venezuela warnt
Die katholische Kirche Venezuelas hat Präsident Hugo Chavez vor einem bewaffneten Konflikt mit dem Nachbarland Kolumbien gewarnt. Der Vizepräsident der Venezolanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Roberto Lückert Leon, sagte dem Radio-Sender Union Radio am Montag, es sei "ein Fehler, wenn Chavez versuche den Nationalismus der Venezolaner in einer Konfrontation mit Kolumbien zu schüren."

Der Erzbischof von Coro wies darauf hin, dass fünf Millionen Kolumbianer in Venezuela leben und arbeiten. "Wenn die sich entscheiden das Land zu verlassen, dann wäre die Agrarindustrie in der Provinz Zuila lahmgelegt. Praktisch die gesamten Felder dort werden von Kolumbianern bearbeitet."

Auch bezieht Venezuela rund ein Viertel seiner Nahrungsmittelimporte aus Kolumbien. Da die Versorgung mit Lebensmitteln in Venezuela schwierig ist, kann sich das Land einen Importstopp gegen Kolumbien zur Zeit nicht leisten.

Aufruf zur Ruhe
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief Kolumbien, Venezuela und Ecuador auf, die Krise in Südamerika gemeinsam zu beenden.

Brasilien, Argentinien, Chile und Peru verurteilten die Grenzüberschreitung der kolumbianischen Armee. Brasiliens Außenminister Celso Amorim bezeichnete die Verletzung ecuadorianischen Territoriums als "besonders gravierend", denn sie verletze eine der Säulen der internationalen Beziehungen und versetze alle Staaten der Region, besonders die kleineren, in eine unsichere Lage. Kolumbien solle sich eindeutig entschuldigen, forderte Amorim.

Sondersitzung
Die Organisation der Amerikanischen Staaten befasst sich am Dienstag auf einer Sondersitzung in Washington mit der Krise zwischen den drei Andenstaaten. Der Bürgerkrieg in Kolumbien, der seit 44 Jahren anhält, hatte bislang noch keine vergleichbare zwischenstaatliche Krise verursacht. Seit 2000 hat die kolumbianische Regierung von den USA Militär- und Polizeihilfe in Höhe von rund fünf Milliarden Dollar erhalten.