Mit einer weißen Gitarre auf einem Barhocker hat die 17-jährige Nicole vor 40 Jahren auf dem Grand Prix Eurovision de la Chanson ihr Lied vom Frieden gesungen – und wurde die erste deutsche Gewinnerin. "Wir haben uns gerade in der Zeit des Kalten Krieges und der Aufrüstung befunden", erinnert sie sich.
"Es hat viele Demonstrationen gegeben, aber ich bin nicht der laute Mensch. Ich habe als junges, unschuldiges Mädchen ein Friedenslied gesungen, denn ich glaubte, die Menschheit möchte doch wirklich im Innersten Frieden auf der Welt."
Heute, 40 Jahre später, veröffentlicht sie eine leicht veränderte Jubiläumsversion ihres weltberühmten Lieds – mit einem Refrain auf Russisch. "Ich wollte mich mit den vielen Ukrainern solidarisch erklären, die keinen Krieg möchten. Der Refrain ist auf Russisch, denn die Botschaft soll an Russen und Ukrainer gehen."
"Der liebe Gott hat es so gewollt"
Vor zwei Jahren wurde das Leben von Nicole (58) durch eine Krebserkrankung aus der Bahn geworfen. Jetzt geht sie mit ihrem neuen Album wieder auf Tournee. "Das war für mich ein Gottesgeschenk", sagt sie, "ich wusste nicht, ob ich jemals wieder auf die Bühne kann. Mit Gottes Hilfe, meinem Glauben und Kämpfen wurde es möglich. Dafür bin ich unglaublich dankbar."
Nicole ist Katholikin und ein gläubiger Mensch. Besonders genießt sie es, wenn sie allein in der Kirche ist und mit Gott Zwiesprache hält: "Er hat mir schon so oft in schwie- rigen Situationen geholfen." Die Kirche in ihrem Dorf ist für sie ein Zufluchtsort. Sie schätzt sehr die Menschen, die sich in der Kirchengemeinde engagieren. "Mach mal eine Messe ohne Ministranten oder ohne Küster und Organisten. Die sind wichtig. Und wenn der Kirchenchor singt, dann ist das ein Erlebnis."
Nicole singt besonders gerne in Kirchen, denn sie liebt die Nähe zum Publikum – und zu Gott: "Ich brauche nur nach oben zu schauen, und schon sehe ich ihn am Kreuz. Wenn du dann auch Lieder wie ,Ein bisschen Frieden‘ singst, die Tiefe haben, die für die Seele sind, dann gibt es keinen besseren Ort."
Der unvergessliche Papstbesuch
Fast 40 Jahre ist Nicole mit ihrer Jugendliebe glücklich verheiratet und hat zwei Töchter und zwei Enkelkinder. Als sich 2011 das erste Enkelkind ankündigte, ist sie nach Rom geflogen und hatte eine Audienz bei Papst Benedikt XVI. Zu ihrer großen Freude hat der Papst sie erkannt und ihr silbernes Kreuz, das sie immer um den Hals trägt, die beiden Eheringe und den silbernen Schutzengelanhänger für ihr Enkelkind gesegnet. "Ich war beseelt", erinnert sie sich voller Freude. "Ich bin da raus und habe in die Luft gerufen: Jetzt kann mir nichts mehr passieren."
Das Foto von dieser unvergesslichen Papstbegegnung trägt sie seitdem immer in ihrem Portemonnaie. Und dieses Foto hat auch schon Gutes bewirkt. Während eines Fluges konnte eine Frau mit Flugangst nicht beruhigt werden. Und Nicole ist zu ihr gegangen und hat ihr das Foto gezeigt. "Ich habe sie angetippt und gesagt: ,Sie brauchen keine Angst zu haben. Der Papst fliegt mit.‘ Und da wurde sie wirklich ruhiger." Der kleine silberne Schutzengel hängt seit dem Papstbesuch am Bett der ersten Enkelin. Jetzt will Nicole noch einmal nach Rom zu Papst Franziskus reisen, um für das zweite Enkelkind einen Schutzengel segnen zu lassen. "Ich habe noch einen Kontakt. Ich werde den mal anfunken."
Im Mittelpunkt steht ihre Familie
Inneren Frieden erlebt Nicole in der Natur und mit ihrer Familie. "Wenn alle glücklich und zufrieden sind und keine Sorgen haben, dann geht es mir auch gut", sagt sie. Es ist ihr wichtig, die Familie zusammenzuhalten. Drei Tage in der Woche sind bei ihr und ihrem Mann die Enkelkinder zu Besuch. Sie kümmern sich dann um die Hausaufgaben, aber besonders gerne spielt Nicole mit ihnen die "alten" Kartenspiele wie Mau-Mau oder Schwarzer Peter.
Nicole liebt die Geselligkeit. "Ich bin ein Mensch, der die Menschen sucht", sagt sie von sich. So laden sie und ihr Mann gerne Freunde nach Hause ein, um bei einem schönen Abendessen über Gott und die Welt zu reden. "Man muss die Menschen nach Corona einfach wieder an sich ranlassen." Weihnachten ist für sie das Fest in der Familie. Alle versammeln sich um den Tannenbaum und eine traditionelle Krippe in ihrem festlich geschmückten Haus. Vor der Tür steht ein zwei Meter großer Engel aus Pappmachee. Das ganze Haus soll nach Weihnachten riechen. Und sie lässt es sich nicht nehmen, selbst zu kochen. "Ich mag Weihnachten sehr – es ist eine Zeit des In-sich-Gehens."
Hinweis: Dieses Porträt ist Teil vom Erzbistum Köln herausgegebenen Magazins "Adventszeit".