Faire Woche will Konsumverhalten der Verbraucher verändern

"Schnäppchen-Mentalität ablegen"

Der Deutschen liebstes Obst sind Bananen. Am besten schmecken sie uns, wenn sie auch noch billiger sind als heimisches Obst. Das geht auf Kosten der Produzenten. Deshalb will die Faire Woche unser Verhalten verändern.

Mable Matetsu von der Fairtrade-Bananen-Organisation Volta River Estates in Ghana / © Nathalie Bertrams (Fairtrade Deutschland)
Mable Matetsu von der Fairtrade-Bananen-Organisation Volta River Estates in Ghana / © Nathalie Bertrams ( Fairtrade Deutschland )

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat die Faire Woche für TransFair e.V.?

Claudia Brück (Vorstand Kommunikation und Politik bei TransFair e.V.): Es ist seit fast 19 Jahren eine gelebte Aktionswoche. Wir arbeiten gemeinsam mit allen Akteuren des Fairen Handels in Deutschland zusammen. Dazu gehören der Weltladen Dachverband, das Forum Fairer Handel, Misereor, Brot für die Welt - alle, die sich für den fairen Handel engagieren.

Wir wollen nach außen tragen: Wir sind viele, aber wir müssen noch viel mehr tun, noch viel mehr Menschen überzeugen, damit sie verstehen, wie globaler Handel funktioniert, wie ungerecht Weltwirtschaftsstrukturen sind und was wir persönlich dagegen tun können.

DOMRADIO.DE: Die Faire Woche bietet eine Chance für mehr Aufmerksamkeit rund um das Thema. Warum ist es immer noch so wichtig, darauf aufmerksam zu machen? Ich glaube, dass vielen Menschen viele Fakten bekannt sind. Glauben Sie, dass der Punkt ist, dass sie nicht nur bekannt sein müssen, sondern die Leute auch bereit sein müssen, etwas zu machen?

Brück: Wir wissen theoretisch, dass eine Banane, die von so weit herkommt, nicht günstiger sein kann als ein Apfel, der hier gepflückt wird. Das wissen wir. Und trotzdem stehen wir vor dem Supermarktregal und denken: Ach, jetzt mache ich mein Schnäppchen. Diese Haltung abzulegen und diese Gedanken aus dem eigenen Kopf zu bekommen, dauert.

DOMRADIO.DE: Reicht diese eine Woche im Jahr aus oder würden Sie sich mehr Aufmerksamkeit rund um das Thema wünschen?

Brück: Natürlich wünschen wir uns mehr Aufmerksamkeit. Aber wir haben auch schon eine lange Geschichte. Seit 40, 50 Jahren machen wir darauf aufmerksam. Deshalb müssen wir immer wieder neue Anlässe kreieren, damit auch wirklich das Licht der Öffentlichkeit wieder auf das Thema gelenkt wird.

DOMRADIO.DE: Das Motto der Fairen Woche lautet diesmal "Gemeinsam für ein gutes Klima". Inwieweit beschäftigen Sie sich damit?

Brück: Klima kann man ja ganz unterschiedlich werten. Einmal ein Klima für ein gutes Miteinander. Aber auch ein Klima im wörtlichen Sinne: Die Menschen, mit denen wir im globalen Süden zusammenarbeiten, spüren den Klimawandel heute schon am eigenen Leib.

Es regnet, wenn es nicht regnen soll. Es ist trocken, obwohl es regnen soll. Es ist nicht mehr möglich, dort anzubauen, wo die Eltern und Großeltern angebaut haben. Man muss wegziehen, weil die Böden nicht mehr genug Ertrag liefern. Der Klimawandel ist real.

Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es nicht in Vergessenheit gerät. In der jetzigen Regierung ist das ja nicht mehr die erste Priorität. Und wir wollen darauf aufmerksam machen, dass wir als die Hauptverursacher des Klimawandels dafür verantwortlich sind, dass die Menschen am anderen Ende der Welt die Folgen heute schon zu spüren bekommen.

DOMRADIO.DE: Der TransFair e.V. hat in der Fairen Woche viel vor - zum Beispiel den "Banana Fair Day". Was ist sonst noch in der Fairen Woche geplant?

Brück: Es gibt Verkostungen in den Weltläden. Es gibt die Fairtrade Night im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln. Es gibt auf öffentlichen Plätzen Verteilaktionen. Im Supermarkt gibt es Probier-Aktivitäten, wo Sie kosten können, dass der Faire Handel auch lecker ist. Es ist ganz vielfältig. Auf faire-woche.de gibt es einen Terminkalender, da können Sie schauen, was bei ihnen um die Ecke los ist und einfach mal hingehen.

DOMRADIO.DE: Bananen werden in unseren Supermärkten viel zu günstig verkauft. Supermärkte sollten ihr Sortiment auf Fairtrade umstellen. Ihr Wunsch: 100 Prozent der Bananen sollten fair gehandelt sein. Wie wollen Sie das erreichen?

Brück: Wir wollen gerne den Supermärkten deutlich machen, dass die Verbraucher sehr wohl bereit sind, fair gehandelte Bananen zu kaufen und auch ein paar Cent mehr zu bezahlen. Darauf wollen wir mit der Webseite Banana Fairday aufmerksam machen. Dort kann jeder den Supermarkt anklicken, in dem er sich wünscht, dass fair gehandelte Bananen angeboten werden.

DOMRADIO.DE: Wie viel kann man da anklicken?

Brück: Man kann unter den vier größten Lebensmitteleinzelhandelsketten und den vier größten Discountketten auswählen.

DOMRADIO.DE: Das Voting endet am 28. September mit einer Aktion in Köln.

Brück: Wir werden auf dem Kölner Heumarkt einen Marktstand aufbauen, um zu zeigen, wie viele Bananen verramscht werden. Gleichzeitig können sich die Menschen an verschiedenen Ständen über die unterschiedlichesten Lebenswelten der Produzenten informieren: Was sind die Missstände im Bananenhandel? Was sind die Hintergründe? Warum macht Fairtrade Deutschland diese Aktion?

Wir bieten rund zwei Stunden Informationen und letztendlich prämieren wir den Supermarkt, von dem sich die meisten Menschen wünschen, dass er auf fair gehandelte Bananen umstellt.

DOMRADIO.DE: Sie wollen noch mit allerlei Aktionen auf das Bananen-Problem aufmerksam machen. Dazu kann man sich auch Bananen-Kostüme über faire-woche.de ausleihen und auf Ihrer Homepage sieht man Menschen, die als Banane verkleidet in der Straßenbahn sitzen. Was soll das bringen - außer Schmunzeln?

Brück: Es ist ein Hingucker. Was ist das? Warum tut dieser Mensch das? Damit soll ein Nachdenken über den Bananen-Handel angeregt werden, weil Bananen das Obst ist, das wir am liebsten essen. Wir essen mehr Bananen als heimisches Obst. Wir wollen, dass diese Selbstverständlichkeit hinterfragt wird und dass wir noch einmal nachdenken: Wo kommt das her? Wer arbeitet für uns? Können sie von ihrer Hände Arbeit leben?

DOMRADIO.DE: Auch Schulen können beim "Banana Fair Day" mitmachen.

Brück: Es gibt eine Bananen-Rallye, sodass die Schüler sich im Unterricht damit beschäftigen und darüber aufgeklärt werden. Es findet ein kleiner Wettbewerb statt und in unseren Fair Trade Schools haben wir für Schüler ein spezielles Angebot, das sowohl den Kindern und Jugendlichen als auch den Lehrern Spaß machen und neue Erkenntnisse bringen wird.

DOMRADIO.DE: Wie funktioniert denn der wirklich faire Handel mit Bananen. Was ist so die Zukunftsvision, die Sie haben?

Brück: Die Zukunftsvision ist, dass es nur noch fair gehandelte Bananen auf den europäischen Märkten gibt. Das heißt, dass die Arbeiter vor Ort anständige Arbeitsbedingungen haben, einen Lohn bekommen der auskömmlich ist, sodass sie auch ihre Kinder in die Schule schicken können, dass sie keinen gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt sind und dass sie über Gewerkschaften ihre Rechte verteidigen können. Das ist die Vision, die wir haben, und dafür brauchen wir einen sehr großen Markt.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Faire Woche hat begonnen / © Wolfram Kastl (dpa)
Faire Woche hat begonnen / © Wolfram Kastl ( dpa )

Fairer Handel  / © Bernd Weissbrod (dpa)
Fairer Handel / © Bernd Weissbrod ( dpa )
Quelle:
DR