DOMRADIO.DE: Was stellt man sich unter Klimafasten vor?

Dr. Christan Weingarten (Leiter des Fachbereichs Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln): Die Fastenzeit ist immer eine Aufbruchszeit. Beim Klimaschutz geht es immer um Veränderung. Klimafasten soll die Veränderung anregen.
Man wird inspiriert, neue Dinge auszuprobieren, auch hinsichtlich Klimaschutz. Wie können wir etwas anders tun? Dann merken wir vielleicht auch, dass manches gar nicht so schwer ist, wie wir es uns vorstellen.
DOMRADIO.DE: Da liegt eine Vision zugrunde. Wie könnte es im Jahr 2050 bei uns aussehen, wenn wir jetzt die richtigen Weichen stellen? In unseren Städten, unseren Dörfern, oder auch im Meer?
Weingarten: Manchmal stelle ich es mir leiser vor. Man merkt zum Beispiel: Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind viel leiser als fossil betriebene Fahrzeuge. Ich stelle es mir auch viel grüner und viel gesünder vor. Das ist das Schöne beim Klimaschutz in Städten, aber auch in anderen Gebieten.
Das führt oft dazu, dass wir gesünder leben. Auch beim Thema Ernährung. Wir brauchen die Vision, dass uns Klimaschutz und Umweltschutz hin zu einem besseren Leben bringen kann. Der Übergang dahin wird vielleicht erst einmal aufregend sein und wird Veränderung mit sich bringen. Aber wir können in etwas Wunderbares hineinkommen.
DOMRADIO.DE: Wie kann mir Klimafasten dabei helfen?
Weingarten: In den letzten Jahren lag beim Klimafasten eher der Fokus auf einem selbst. Wie kann ich weniger Autofahren oder auf Fleisch verzichten? Dieses Jahr ist der Schwerpunkt eher: Wie kann ich andere motivieren?
Wenn man einen Baum pflanzen möchte, kann man sich fragen: Wie kann ich in meinem Stadtgebiet einen Baum pflanzen und wen muss ich dafür ansprechen? Wo sind vielleicht Hemmnisse, die andere Leute daran hindern, einen Baum zu stellen? Darum geht es in diesem Jahr wirklich. Ein Multiplikator für das Thema zu werden.
DOMRADIO.DE: Das aktuelle Dreigestirn in diesem Jahr pflanzt als Sozialprojekt einen "KarneWALD". Die haben sich tatsächlich auf die Fahne geschrieben: Wir wollen begrünen! Das heißt, ich könnte hingehen und könnte prominente Menschen suchen und denen den ganzen Tag in den Ohren hängen?
Weingarten: Ja, man kann sich fragen, wer eigentlich zum Beispiel speziell in der Kirchengemeinde verantwortlich ist. Wer ist verantwortlich dafür, dass auf dem schönen Pfarrzentrum gar keine Photovoltaikanlage ist. Die Menschen anzusprechen und zu motivieren, ist total wichtig.
Es gilt aber auch zu den Menschen gehen, die keine Verantwortung haben, aber vielleicht eine Sorge haben vor der Zukunft. Die Angst haben, dass alles teurer wird. Mit diesen Menschen kann man ins Gespräch gehen und da womöglich auch die Angst nehmen. Vielleicht kann man sogar motivieren, selber mitzumachen, Klimaschutz zu betreiben.
DOMRADIO.DE: Wenn ich mir aber vorstelle, ich müsste wirklich in eine Diskussion mit irgendjemandem gehen. Ich wüsste dann vielleicht nicht so richtig, wie ich dem denn die Sachen vermitteln kann. Gibt es denn Hilfen?
Weingarten: Da kommen wir ins Spiel und da kommt auch die Aktion ins Spiel. Wir lassen die Menschen nicht alleine, sondern es gibt eine umfangreiche Broschüre, die mit Fragen durch die Fastenzeit leitet, wo jede Woche ein anderes Thema ist.
Es gibt Veranstaltungen, wo Menschen wirklich befähigt werden, in solche Gespräche zu gehen, aber auch immer nur dahin, wo ich mich sicher fühle. Ich muss nicht mich zwingen, etwas zu machen, wo ich mich ganz unwohl fühle. Dann nehme ich einen anderen Bereich, indem ich mich sicher fühle.
Ich kann mir mal andere in der Gemeinde suchen, die vielleicht auch mit dem Fahrrad zur Kirche kommen und vorschlagen, einen Fahrradgottesdienst zu organisieren. Es hilft, sich Mitstreiterinnen und Mistreiter zu suchen.
DOMRADIO.DE: Wenn jetzt jemand das Gefühl hat, schon alles mögliche im eigenen Rahmen zu tun, kann die Person das mit eurer Hilfe überprüfen oder gibt es auch da noch Anregungen?
Weingarten: In diesem Jahr geht es wirklich um das Anregen. Was kann ich zeigen und vielleicht auch nach außen bringen? Also wenn ich selbst eine Strecke mit dem Fahrrad fahre, dann spare ich CO2. Aber wenn ich mich dafür einsetze, dass ein toller Fahrradweg kommt, haben auch andere Lust auf Fahrradfahren.
Damit kann ich viel mehr erreichen. Das ist in diesem Jahr eben ein bisschen anders. Man nennt das den ökologischen Handabdruck. Was kann ich mit meiner Tätigkeit tun, damit andere es schaffen, nachhaltiger zu leben?
Das Interview führte Uta Vorbrodt.