DOMRADIO.DE: Der Täter in Hamburg hat mit seiner privaten Waffe geschossen. Sind aus Ihrer Sicht strengere Gesetze zum privaten Waffenbesitz nötig?
Emil Vogt (Bundesvorsitzender des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften): Nein, keineswegs. Die anerkannten Schießsport-Verbände bekennen sich eindeutig dazu, dass Extremisten, Kriminelle oder psychisch kranke Personen keinen Zugang zu Waffen haben dürfen.
Das ist allerdings bereits mit den geltenden Gesetzen möglich. Das Waffengesetz regelt hier eindeutig, wann Behörden einschreiten können und jemandem die Waffenbesitzkarte und die Waffen abnehmen können.
DOMRADIO.DE: Bei mehreren Amokläufen in der Vergangenheit besaßen die Täter legal Waffen oder sie hatten Zugang. Bräuchte man dann nicht einfach deutlich weniger Waffen insgesamt?
Vogt: Ich glaube, man muss zwischen legalen Waffen und illegalen Waffen unterscheiden. Das Thema illegale Waffen können wir komplett ausklammern, weil es da nur die Möglichkeiten gibt, über die Polizeibehörden und die Verfassungsämter entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Bei den legalen Waffen muss man ganz klar sagen, dass wir dort keine Einschränkungen brauchen, weil das deutsche Waffengesetz das schärfste Waffengesetz in der gesamten Europäischen Union ist und dort auch ganz klar geregelt ist, wer im Besitz einer Waffe sein darf und nicht.
Die psychische Erkrankung des Täters aus Hamburg macht ganz deutlich, dass ein Besitz einer legalen Waffe bei einer psychischen Erkrankung, die ja vorher auch angezeigt wurde, überhaupt nicht hätte stattfinden dürfen.
DOMRADIO.DE: Müssen die Behörden ihrer Aufgabe stärker nachkommen, das zu überprüfen?
Vogt: Richtig, laut Informationen der verschiedenen Medien soll der Täter im letzten Dezember ja ein Buch veröffentlicht haben, in welchem er Adolf Hitler als Werkzeug Christi verherrlicht und den Holocaust gerechtfertigt hat. Allein eine solche Gesinnung führt bei Bekanntwerden regelmäßig zum Erlaubnisentzug.
Vor Erteilung seiner Waffenbesitzkarte muss der Täter unter bestehendem Waffenrecht vom Verfassungsschutz überprüft worden sein. Warum hierbei seine kruden politischen Einstellungen nicht aufgefallen sind, ist für mich nicht nachvollziehbar.
DOMRADIO.DE: Inwieweit gibt es denn auch bei Ihnen in der Schützen-Bruderschaft Kontrollmechanismen?
Vogt: Wir haben die Kontrollmechanismen, dass wir sagen, man muss mindestens zwölf Monate Mitglied in unseren Bruderschaften sein. Und man muss ein Bedürfnis nachweisen, dass man die Sportart mit einer gewissen Waffe ausführen möchte. Wenn dies über zwölf Monate regelmäßig stattfindet - darüber werden Schießkladden geführt - hat man die Chance, dass man das Bedürfnis von uns bescheinigt bekommt, eine Waffe zu erwerben. Dann kann eine Waffenbesitzkarte ausgestellt werden, die zum Erwerb einer Waffe führt.
DOMRADIO.DE: Manchmal schaut man den Menschen nur vor den Kopf, zum Beispiel die Menschen, die diese Karten rausgeben. Muss man auch gucken, wer das tun kann und darf?
Vogt: Ja, man muss das natürlich überprüfen. Das tun aber im Endeffekt alle Schießsport-Organisationen. Wenn ich den deutschen Schützenbund nehme oder uns als Bund der historischen Deutschen Schützen-Bruderschaften, so haben wir natürlich über unsere Sportgruppen eine intensive Verzahnung. Von daher gibt es einen regen Informationsaustausch und wir haben solche Sachen im Blick.
Private Schießsport-Vereine entsprechen einer anderen Größenordnung. Da ist der Kontakt nicht so intensiv untereinander und dementsprechend auch die Beobachtungsmöglichkeit nicht so intensiv. Von daher ist das dort ein ganzes Stück schwieriger.
DOMRADIO.DE: Also an welcher Stelle würden Sie vielleicht doch nachzurren?
Vogt: Ich würde überhaupt nicht versuchen nachzuzurren. Ich sage immer sehr deutlich, dass es eine Koalitionsvereinbarung gibt. In dieser Koalitionsvereinbarung heißt es, dass man zunächst eine Evaluation der jüngsten Waffenrecht-Veränderungen, die 2020 stattgefunden haben und die bislang wohl noch nicht einmal begonnen wurde, angeht.
Dazu gehört die Entwaffnung von Terroristen und Extremisten und ein klares Bekenntnis zu legalen, rechtstreuen Waffenbesitzern. Wenn dies durchgesetzt würde, wäre ein Riesenproblem gelöst.
Das Interview führte Dagmar Peters.