domradio.de: Wie genau sieht jetzt die Lösung im Fall Mithat Gedik aus?
Monsignore Robert Kleine: Die Lösung ist so, dass er vor Ort in seiner Bruderschaft, wo er die Königswürde errungen hat, weiter König ist und bleibt. Das Problem ist aber, dass die Bruderschaften in einem Dachverband organisiert sind. Sie müssen es nicht sein, aber die Bruderschaft von Mithat Gedik ist im Dachverband organisiert, und dann kann man sich auf weiteren Ebenen in Schießwettbewerben messen und Bezirkskönig werden bzw. Diözesankönig; am Ende sogar Bundeskönig. In der Satzung dieses Bundes heißt es, dass nur Christen, das heißt Frauen und Männer christlicher Konfession, Mitglied sein können. Deshalb kann er, auch wenn er König vor Ort ist, an den weiteren Schießwettbewerben nicht teilnehmen.
domradio.de: Eigentlich hätte also ganz am Anfang der großen Schützenkarriere jemand aufpassen müssen und ihm sagen sollen: Achtung, Du bist nicht christlichen bzw. nicht katholischen Glaubens, eine richtig große Karriere wirst Du hier bei uns nicht machen können?
Kleine: Genau oder sogar noch etwas schärfer - Das klingt dann natürlich alles gegen Integration. Die Verantwortlichen der Bruderschaft vor Ort hätten eigentlich sagen müssen: Du kannst bei uns leider gar kein Mitglied werden. Nicht nur, dass Du nicht irgendwann mal König werden kannst, wenn Du gut schießen kannst, sondern Du kannst gar kein Mitglied werden, denn wir sind ein katholischer Verband. So wie die katholische Frauengemeinschaft keine Muslimas aufnimmt, wie der jüdische Akademikerverband keinen Moslem oder Christen aufnimmt und die muslimischen Pfadfinder auch keine Christen aufnehmen.
Es ist ein katholischer Verein und es tut uns leid, aber wir sind konfessionell gebunden, weil der Glaube, die Religion bei uns eine Rolle spielen, deshalb kannst Du hier kein Mitglied werden. Das hätte ehrlich, sicherlich auch etwas hart, ganz am Anfang stehen müssen. Da ist aber nicht nachgefragt worden oder es ist übersehen worden oder man hielt ihn für katholisch. Er ist ja katholisch verheiratet, seine Kinder sind katholisch getauft, vielleicht hat niemand nachgefragt. So ist er Mitglied geworden, und als das Kind, im Bild gesprochen, in den Brunnen gefallen war, als er dann König war und sich freute weitermachen zu können, dann plötzlich holte ihn sozusagen dieser Fehler ganz vom Anfang ein.
domradio.de: Beim Vogel der Schützenwelt sind wir ja schon der Welt der Fabel ganz nahe und können einmal fragen: Was lernen wir jetzt aus so einer Situation?
Kleine: Es können zwei Lehren gezogen werden: Einerseits müssen wir noch einmal die Mitgliedsbruderschaften darauf hinweisen, dass sie überhaupt wissen, was sie sind. Dass es vielleicht auch Schützenbruderschaften gibt, die sagen, bei uns steht das Schützenfest, bei uns steht Folklore, da steht vielleicht auch der Schießsport im Mittelpunkt und ja, wir heißen zufällig St. Georgs-Schützen oder St. Sebastianus-Schützen. Auch der Pastor ist unser Präses, aber sonst lassen wir mal die Kirche im Dorf und haben mit Glauben nicht so viel zu tun.
Ich erhoffe mir auch eine Diskussion über das Profil. Warum sind denn dann Schützen überhaupt noch christlich oder katholisch? Es gibt ja auch Bruderschaften, die frei sind, das sind Bürgerschützenvereine. Ich komme ja gebürtig aus Neuss, da gibt es ein großes Schützenfest eines Bürgerschützenvereins. Da kann natürlich auch ein Moslem, ein Ungetaufter, jeder kann Mitglied werden. Es gibt aber eben auch Bruderschaften, die für Glaube, Sitte, Heimat stehen. Ist das Kreuz, das eine Bruderschaft trägt, ist das auch ein Bekenntnis oder ist das nur ein Orden oder „Schmuck“, wo nichts dahinter steht. Wenn ich aber sage, ein Kreuz ist auch ein Bekenntnis und nicht nur einmal im Jahr, wenn man Fronleichnam hinter dem Allerheiligsten herzieht. Das soll unser Leben prägen als Christen. Auch in einer Gesellschaft, die eben säkularer wird. Dann ist das eine bewusste Entscheidung und vielleicht wird auch die eine oder andere Bruderschaft sagen, das war vor Generationen, zum Teil vor Jahrhunderten, da war das mit den Christen alles noch ganz anders.
Aber dann sollen sie auch einen Schnitt tun. Ich wäre dann nicht böse, weil es ehrlicher ist, wenn sie sagen: Wir möchten uns auch weiten und möchten kein konfessionell gebundener Schützenverein mehr sein. Aber wer A sagt, der muss dann manchmal auch in der Öffentlichkeit - auch gegen großes Geschrei - dann auch B sagen. Und es muss deutlich gesagt werden: In erster Linie sind wir ein katholischer Verein, mit katholischen oder evangelischen oder anderen, da ist das dann sehr geweitet in die Ökumene hinein, aber mit christlichen Mitgliedern, die das selbe Gottes- und Menschenbild haben.
domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview hat Daniel Hauser geführt.