Wie Bundesländer zum Thema Vollverschleierung stehen

Schulen und Unis als Orte des Dialogs

Dürfen Schülerinnen oder Studentinnen mit einer Vollverschleierung am Unterricht oder an Vorlesungen teilnehmen? Darüber ist ein Streit entbrannt. Welche Regelungen und Gesetze gelten in den jeweiligen Bundesländern? Eine Übersicht. 

Kopftuch in der Schule / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Kopftuch in der Schule / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Baden-Württemberg:

- zu den Hochschulen: Bisher wurden dem Wissenschaftsministerium von den Hochschulen keine konkreten Fälle gemeldet, in denen es Probleme mit Vollverschleierung gegeben hätte. "Es wird aber eine gesetzliche Regelung auch für die Hochschulen geben. Wie diese dann genau aussieht, wird gerade besprochen." Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) erklärte: "Aus meiner Sicht gehört es zu einem offenen, akademischen Austausch unbestreitbar dazu, dass man sein Gesicht zeigt. Hochschulen sind Orte des Diskurses, des Dialogs und der offenen Begegnung."

- zu den Schulen: Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will Vollverschleierung an Schulen verbieten.

Bayern:

- zu den Hochschulen: Im Bayerischen Hochschulgesetz heißt es, Mitgliedern der Hochschule sei in Hochschuleinrichtungen und bei Hochschulveranstaltungen verboten, das Gesicht zu verhüllen. Zur "Vermeidung einer unbilligen Härte" kann die Hochschule Ausnahmen zulassen.

- zu den Schulen: Der Bayerische Landtag hat 2017 ein Gesetz verabschiedet, das Schülerinnen eine Gesichtsverhüllung ausdrücklich verbietet.

Berlin:

- zu den Hochschulen: "Ein explizites Verbot der Vollverschleierung von Studenten ist weder im Berliner Hochschulgesetz noch in anderen hochschulrechtlichen Gesetzesregelungen des Landes Berlin festzustellen. Eine Gesetzesinitiative ist diesbezüglich aktuell nicht in Planung."

- zu den Schulen: Es gibt keine Pläne.

Hessen:

- zu den Hochschulen: "Aus Sicht der Hessischen Landesregierung gehört zu einem offenen akademischen Austausch unbestreitbar, dass man einander ins Gesicht sehen kann. Den Beschäftigten des Landes Hessen ist es bereits seit 2011 per Erlass und seit März 2017 in einer tarifvertraglichen Regelung untersagt, in Vollverschleierung zum Dienst zu erscheinen..." Eine darüber hinaus gehende gesetzliche Regelung ist in Hessen derzeit nicht geplant.

- zu den Schulen: "In Hessen ist die Teilnahme von vollverschleierten Schülerinnen am Unterricht bereits heute nicht zulässig."

Niedersachsen:

- zu den Hochschulen: "Wir haben in Niedersachsen starke eigenverantwortliche Hochschulen - im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten entscheiden sie, unter Wahrung der Grundrechte, selbst, wie sie mit solchen Fällen umgehen, das heißt, allgemeine Regelungen zu Nikab- oder Burkatragenden Studierenden gibt es an niedersächsischen Hochschulen nicht."

- zu den Schulen: Eine Vollverschleierung ist an den Schulen seit 2017 verboten.

NRW:

- zu den Schulen: Laut Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) widerspricht eine Gesichtsverhüllung dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Sie stehe auch einem uneingeschränkten Kontakt und einer ordnungsgemäßen Leistungsbewertung im Wege. "Zu einem direkten Austausch gehören neben Sprache auch Mimik und Blicke. Das gilt für Schülerinnen und Schüler ebenso wie für Lehrerinnen und Lehrer. Dies ergibt sich aus Schulgesetz und Beamtenstatusgesetz."

Rheinland-Pfalz:

- zu den Hochschulen: Es gibt keine Pläne für ein Verbot.

- zu den Schulen: Das Ministerium sieht es als grundsätzliche Voraussetzung für einen gelingenden Unterricht an, dass uneingeschränkt kommuniziert werden kann. Das Gesicht der Schüler muss erkennbar, und eine Kommunikation muss möglich sein. "Unserer Auffassung nach wird diese notwendige Kommunikation durch eine Vollverschleierung behindert. Vollverschleierungen sind nach Auffassung des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums deshalb objektive Unterrichtshindernisse und in der Schule nicht zulässig." Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) erklärte jüngst, dass in die Neufassung des Schulgesetzes auch ein Verbot der Vollverschleierung aufgenommen werde.

Sachsen:

- zu den Hochschulen: Im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz gibt es keine Regelung zu vollverschleierten Studierenden.  Da dieses Thema bisher von den sächsischen Hochschulen nicht problematisiert worden ist, hat es noch keine rechtliche Beurteilung der Sachlage durch das Ministerium gegeben. Wenn künftig Regelungsbedarf bestehen sollte, wird das Ministerium rechtlich prüfen.

- zu den Schulen: "In Sachsen haben wir an die Schulleitungen klare Empfehlungen im Umgang zur Vollverschleierung im Unterricht herausgegeben. Danach kann eine Verschleierung, die das Gesicht teilweise oder insgesamt verhüllt, nicht gestattet werden. Daran halten wir fest. Im Lichte des Hamburger Urteils prüfen wir, ob diese Regelung für unsere Schulen ausreichend ist oder ob gesetzliche Regelungen notwendig sind."

Sachsen-Anhalt:

- zu den Hochschulen: Es wird derzeit kein Regelungsbedarf gesehen.

- zu den Schulen: Ein Gesetzentwurf zum Burka-Verbot wurde 2018 vorgelegt. Er liegt seitdem im Landtag.

Schleswig-Holstein:

- zu den Hochschulen: Die Landesregierung will zumindest gesetzliche Regelungen zur Identitätsfeststellung für Prüfungen und Einschreibungen treffen. Auch gebe es sicherheitsbegründete Kleidervorschriften, etwa in Laboren.

zu den Schulen: Die Jamaika-Koalition hat sich auf ein Verbot der Vollverschleierung geeinigt.

Thüringen:

- zu den Hochschulen: Das Hochschulgesetz enthält keine Regelungen zum Umgang mit Verschleierungen. "Bisher wurde auch von keiner Hochschule ein Bedarf für derartige Regelungen vorgetragen, weshalb wir aktuell keinen Bedarf für eine diesbezügliche Änderung des Gesetzes oder eine grundsätzliche Regelung sehen. Denn es obliegt den Hochschulen, den Umgang mit diesem Thema eigenverantwortlich zu regeln."

- zu den Schulen: Es gibt keine allgemeine Rechtsgrundlage, die den Schülerinnen und Schülern das Tragen bestimmter Kleidung aus religiösen Gründen oder das Tragen religiöser Symbole in Schulen verbietet. Der vorstehende allgemeine Grundsatz findet Grenzen, wenn geltende Regelungen - beispielsweise zur Sicherheit im Schulsport, zur Arbeitssicherheit oder zur Identitätsfeststellung - dem Tragen bestimmter Kleidung aus religiösen oder kulturellen Gründen oder dem Tragen religiöser Symbole entgegenstehen. Kann aufgrund einer Gesichtsverschleierung die Identität eines Schülers nicht festgestellt werden oder wird dadurch ein geordneter Unterrichtsablauf gestört, hat die Lehrkraft aber auch zur Feststellung der Erfüllung der Schulpflicht sowie zur Erreichung einer notwendigen pädagogischen Interaktion das Recht, auf der Entfernung der Verschleierung zu bestehen.

Von Katharina Meier-Cortes und Christoph Arens

Gesichtsverschleierung

Das Kopftuch von Musliminnen gehört zu den meistdiskutierten Symbolen islamischen Glaubens. Für die einen ist es Zeichen der Unterdrückung der Frau im Islam, für die anderen Ausdruck der Religionsfreiheit und der weiblichen Selbstbestimmung. Hinter der Bezeichnung "Kopftuch" verbergen sich unterschiedliche Formen von Überwürfen. Der "Dschilbab" ähnelt am ehesten dem europäischen Kopftuch; er wird als Überwurf über Kopf, Schultern und Brust getragen. Der "Nikab" ist ein Gesichtstuch mit einem Schlitz für die Augen.

Frau mit Kopftuch / © Harald Oppitz (KNA)
Frau mit Kopftuch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA