Das berichtet die Schweizer "Sonntagszeitung" und zitiert aus einer Stellungnahme von Erzbischof Martin Krebs.
Dieser erklärt den Angaben zufolge: "Es besteht ein Dilemma zwischen dem diplomatischen Schutz des Archivs und der Aufklärung von Missbrauchsvergehen in der Kirche."
Nuntius sucht mit Experten nach Lösungen des Dilemmas
Der Nuntius fügt hinzu: "Ich darf Ihnen versichern, dass ich begonnen habe, zusammen mit Fachleuten nach gangbaren Lösungen zu suchen, wie mit diesem Dilemma umzugehen ist."
Vor einer Woche hatte Krebs zunächst abgelehnt, Archivmaterial zugänglich zu machen. Er verwies auf internationales Recht, wonach Botschaftsarchive "jederzeit unverletzlich" seien.
Auch eine punktuelle Akteneinsicht nur zum Thema Missbrauch schloss Krebs aus. Betroffenenorganisationen und Kirchengemeinden reagierten empört und übten öffentlichen Druck auf den Nuntius aus.
Schweizer Missbrauchsstudie nur "die Spitze des Eisbergs"?
Historikerinnen der Universität Zürich hatten kürzlich eine Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche in der Schweiz vorgestellt.
Identifiziert wurden seit Mitte des 20. Jahrhunderts 1.002 Fälle, 510 Beschuldigte und 921 Betroffene. Die beiden Studienleiterinnen gehen jedoch mit Blick auf frühere Forschungen im Dunkelfeld davon aus, dass dies nur "die Spitze des Eisbergs" ist.
Das Pilotprojekt, das unter anderen von der Schweizer Bischofskonferenz in Auftrag gegeben wurde, war der erste systematische Versuch, sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz wissenschaftlich zu erfassen. Eine umfassende Studie soll folgen.
Schweizer Bischofskonferenz kündigte eigenes Strafgericht an
Dafür sollen zahlreiche weitere Archive ausgewertet werden, darunter Archive von Ordensgemeinschaften, Dokumente diözesaner Gremien und die Aktenbestände katholischer Schulen, Internate und Heime sowie staatliche Archive.
Auch von der Berner Nuntiatur wurde Akteneinsicht gefordert. Unterdessen kündigte die Schweizer Bischofskonferenz am Wochenende an, im Kampf gegen sexuellen Missbrauch ein eigenes kirchliches Straf- und Disziplinargericht einzurichten.
Vorrang hätten weiterhin die zivilen Strafverfolgungsbehörden, die bei entsprechenden Vorkommnissen zwingend eingeschaltet werden müssten, heißt es in der Erklärung der Bischöfe.
Das kirchliche Gericht solle sich jedoch zusätzlich mit möglichen Sanktionen befassen, wenn ein Verstoß gegen Kirchengesetze vorliege.