Richter kippen Frankreichs Verbot öffentlicher Gottesdienste

"Schwere" Verletzung der Religionsfreiheit

In Frankreich sollen Gläubige mit Einschränkungen schon bald wieder in Kirchen, Synagogen oder Moscheen Gottesdienst feiern dürfen. Das fordert nun das oberste Verwaltungsgericht, der Staatsrat, von der Regierung in Paris.

Gottesdienst in einer Pariser Kirche / © Corinne Simon (KNA)
Gottesdienst in einer Pariser Kirche / © Corinne Simon ( KNA )

Weil seit der jüngsten Corona-Lockerung andernorts wieder Treffen von bis zu zehn Personen möglich sind, sei das nach wie vor geltende Versammlungsverbot in Gotteshäusern nicht mehr verhältnismäßig, heißt es in einer Entscheidung vom Montag. Die entsprechenden Regelungen müssten binnen acht Tagen geändert werden.

"Schwere und offenkundige" Verletzung der Religionsfreiheit

Mehrere Privatpersonen und Organisationen hatten sich zuvor mit der Forderung nach von Schutzmaßnahmen begleiteten öffentlichen Gottesdiensten an den Staatsrat gewandt. In Frankreich sind Gottesdienste mit Gläubigen vor Ort nach derzeitigem Stand noch bis mindestens 2. Juni verboten; nur Beerdigungen sind ausgenommen. Der Staatsrat bewertete dies nun als "schwere und offenkundige" Verletzung der Religionsfreiheit. Zu diesem Grundrecht zähle auch, gemeinsam an Feiern in Gotteshäusern teilzunehmen.

Die Richter kritisierten nicht das Prinzip, dass auch für Versammlungen in Gotteshäusern Regeln und Schutzmaßnahmen gegen eine Verbreitung des Virus gelten, wie der Pariser Rechtsanwalt Henri de Beauregard in einem "Figaro"-Interview (Dienstag) erläuterte. Sie hätten aber ein Missverhältnis zwischen dem totalen Verbot öffentlicher Gottesdienste und den für andere Bereiche nun geltenden Regeln festgestellt.

Bischofskonferenz nimmt Entscheidung "zur Kenntnis"

Die Französische Bischofskonferenz nahm die Entscheidung des Staatsrates nüchtern "zur Kenntnis". Generalsekretär Thierry Magnin erinnerte im Interview der Zeitung "La Croix" (online) daran, dass die Bischöfe der Regierung bereits vor zwei Wochen ein Konzept für die Feier von Gottesdiensten unter Einhaltung bestimmter Schutzmaßnahmen und mit beschränkten Teilnehmerzahlen vorgelegt hätten. "Wir werden eine intelligente Lösung für das Gemeinwohl und die Achtung der Grundfreiheit finden", zeigte sich Magnin überzeugt.

Die Bischofskonferenz habe in der Causa nicht selbst den Staatsrat angerufen, sei aber stets mit der Regierung wegen Lockerungen für Gottesdienste im Kontakt gewesen, erläuterte der Generalsekretär. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Eric de Moulins-Beaufort habe noch am vergangenen Freitag in einem entsprechenden Schreiben an Premierminister Edouard Philippe auf rechtliche Probleme mit der nun gekippten Regelung hingewiesen.

Die Position der Bischofskonferenz sei es aber nie gewesen, "mit der Regierung in einen Showdown zu geraten", so Magnin. Man verstehe sehr gut, dass angesichts der bestehenden Situation Gottesdienste nur mit Einschränkungen stattfinden könnten. "Das wird in mehreren Ländern so gemacht", so der Generalsekretär.


Quelle:
KNA