Der Passauer Bischof Stefan Oster sieht Forderungen nach einer Reform katholischer Lehraussagen mit Skepsis. Substanzielles Wachstum im Glauben beobachte er "deutlicher dort, wo die katholische Profilierung ausdrücklich zunimmt und gewollt ist", sagte Oster am Freitagabend bei einem Gottesdienst am fünften Jahrestag seiner Bischofsweihe in Passau. Dagegen kenne er "keinen einzigen Ort, wo Liberalisierung in diesem genannten Sinn fruchtbar wäre".
Schwerste Krise seit 500 Jahren
Der Bischof räumte ein, dass die Kirche "durch eine ihrer schwersten Krisen seit der Reformation vor 500 Jahren" gehe. Nicht zuletzt durch das Verbrechen des Missbrauchs seien das Vertrauen in die Kirche, ihre Lehre und viele ihrer Vertreter "fundamental erschüttert".
Notwendige Reformen sollten jedoch zunächst vom überlieferten Glauben der Kirche ausgehen. Erst einmal müsse dessen gültige Formulierung bejaht verstanden werden. Erst dann könne auch kritisch über inhaltliche Weiterentwicklungen nachgedacht werden. Dass diese auf Ebene des Lehramts durchaus möglich seien, zeige sich etwa an der veränderten Haltung zu Religionsfreiheit und Todesstrafe.
Drohende Kirchenspaltung
In diesem Prozess, so Oster, gelte es aber zu unterscheiden, welche geforderten Entwicklungen zu einer echten Vertiefung des Glaubens führten und welche nicht. Viele der "heute gängigen Forderungen", vor allem auf dem Gebiet der Sexualität und dem Verhältnis der Geschlechter zueinander, würden das bisherige Menschenbild, Glaubens- und Kirchenverständnis so verändern, "dass uns letztlich eine neue Kirchenspaltung droht", warnte der Bischof. Zusammen mit vielen anderen beurteile er diese Forderungen eher als "Verfälschung" der Offenbarung denn als Weiterentwicklung.