DOMRADIO.DE: Was war für Sie der ausschlaggebende Punkt, ein Buch über die Hoffnung zu schreiben?
Schwester Philippa Rath (Benediktinerin der Abtei Sankt Hildegard und Buch-Autorin): Ich glaube, das sind die Erfahrungen, die sowohl Burkhard Hose (Hochschulpfarrer in Würzburg und Buchautor, Anm. d. Red.) als auch ich selbst in vielen Veranstaltungen zu den beiden Büchern "Weil Gott es so will" und "Frauen ins Amt" erlebt haben.
Sehr vielen Menschen sind wir begegnet, die am Ende eines solchen Abends auf uns zugekommen sind und gesagt haben: "Sie haben mir Hoffnung gegeben. Ich kann jetzt wieder ein Stück weiter gehen. Ich war kurz davor, zu resignieren, an der Schwelle des Kirchenaustrittes. Ihr Lebenszeugnis hat mir geholfen, weiter zu gehen, dabei zu bleiben, mich für Reformen einzusetzen und nicht der Kirche den Rücken zuzukehren."
Da ist das Stichwort Hoffnung so oft gefallen. Wir wurden oft auch in den Medien als Hoffnungsträger und -trägerinnen bezeichnet. So ist das Thema Hoffnung aufs Tapet gekommen. Dann ist der Herder-Verlag auf uns zugekommen und hat gefragt, ob wir nicht ein kleines Buch zu diesem Thema machen wollen. So ist der Stein ins Rollen gekommen.
DOMRADIO.DE: Viele Menschen haben bestimmt ihre eigenen Themen und Schwierigkeiten mit der Kirche. Wie kann Hoffnung da helfen? Warum ist es gerade jetzt so wichtig, über Hoffnung nachzudenken?
Sr. Philippa: Für mich persönlich ist die Hoffnung tatsächlich die stärkste Kraft im Leben, die mich hält, die mich auf die Zukunft verweist und die mich nicht resignieren lässt, wenn ich Rückschläge erleide. Wir kennen die drei christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe. Die meisten sagen, am größten unter diesen sei die Liebe. So steht es auch in der Heiligen Schrift.
Ich wage einfach zu sagen, für mich persönlich ist die Hoffnung fast noch wichtiger. Gerade in unserer Zeit, wo sich so viel Resignation, Hoffnungslosigkeit und Ohnmachtsgefühle breit machen. Das ist für mich ganz entscheidend. Es gibt ein ganz tolles Buch von Charles Péguy mit dem Titel "Das Mysterium der Hoffnung". Da möchte ich mal einen kleinen Satz zitieren, der ganz genau meine Erfahrung ist: "Die Hoffnung sieht das, was noch nicht ist, aber sein werden könnte. Sie liebt das, was noch nicht ist und sein wird."
Man braucht eine Vision dessen, was Kirche für mich ist. Wir müssen an der Hoffnung festhalten, an dieser Vision, an dem Miteinander in der Kirche, der Einheit in Vielfalt. Das ist mein Thema. Wir dürfen uns nicht auseinander dividieren lassen. Wir müssen die Kirche gemeinsam neu gestalten, ein Stück weit auch neu reformieren. Da ist die Hoffnung für mich das Entscheidende.
DOMRADIO.DE: Was sind Ihre Quellen der Hoffnung?
Sr. Philippa: Die Quellen der Hoffnung sind meine eigenen Lebenserfahrungen. Ich habe schon von Kindheit an recht schwierige und schwere Lebenserfahrungen gemacht. Das kommt auch in dem Buch durchaus zur Sprache. Ich hatte aber immer, Gott sei Dank, einen Menschen an meiner Seite, vor allem meinen Patenonkel, der übrigens Pastor im Erzbistum Köln war, der mir immer gesagt hat: "Die Liebe Gottes ist viel größer als alles, was du jetzt erlebst. Du darfst die Hoffnung nie aufgeben."
Das ist so in mein Inneres eingedrungen, dass ich wirklich die schwierigen und zum Teil sehr schweren Situationen in meinem Leben durch die Kraft der Hoffnung bewältigt habe.
Natürlich gibt es auch sehr viele Hoffnungsgestalten in der Heiligen Schrift. Da brauchen wir nicht weit zu schauen. Wir haben am Dienstag das Fest des Heiligen Barnabas gefeiert. Der war auch eine große Apostelgestalt, der für mich Hoffnung und Offenheit verbreitet hat. Er hat sich dem Paulus zugewandt, als der von den anderen noch lange nicht anerkannt war.
Wir finden in der Heiligen Schrift sehr viel. Jesus selbst ist auch die Hoffnungsgestalt schlechthin. Insofern finde ich sowohl im biblischen Zusammenhang als auch in meinem benediktinischen Lebensumfeld sowie meinen persönlichen Lebenserfahrungen überall Quellen der Hoffnung.
Das Interview führte Tim Helssen.