Scientology verliert erneut Streit vor Gericht

Eben keine Religionsgemeinschaft

Scientology tut sich weiterhin schwer vor Deutschlands Gerichten. Nachdem am Montag die Stadt München eine Kindertagesstätte wegen Hinweisen auf Verbindungen zu der Sekte geschlossen hat, nun der nächste Rückschlag. Die Weltzentrale in Los Angeles hat einen Rechtsstreit gegen die Stadt Stuttgart verloren.

 (DR)

Bei dem Streit ging es um die Erhebung von Gebühren für Informationsveranstaltungen. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim wies mit einem am Dienstag veröffentlichten Urteil eine Klage von Scientology gegen die Stadtverwaltung ab. Informationsveranstaltungen von Scientology seien "Werbeveranstaltungen" und dienten weder gemeinnützigen Zwecken noch dem öffentlichen Interesse, hieß es zur Begründung.

Die Stadtverwaltung Stuttgart hatte 2002 eine Genehmigung für Veranstaltungen der in Kalifornien ansässigen "Church of Scientology International" erteilt, diese jedoch an die Zahlung einer Sondernutzungsgebühr in Höhe von 18 568 Euro gebunden. Bei den Veranstaltungen wollte die Scientology-Weltzentrale im Rahmen einer Rundreise von "ehrenamtlichen Geistlichen" durch Europa auch in Stuttgart ihre Arbeit vorstellen und Anleitungen zur "Harmonisierung von Seele und Körper" geben.

Bundesverwaltungsgericht noch möglich
Scientology wehrte sich gegen die Festsetzung der Gebühr, scheiterte damit aber bereits in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Auch der VGH bestätigte nun im Berufungsverfahren das Vorgehen der Stadt. Scientology gehöre nicht zu den als gemeinnützig anerkannten Religionsgemeinschaften, für deren Informationsstände keine Gebühren erhoben werden dürften, urteilten die Richter. Einen Verstoß gegen das Grundrecht der Glaubensfreiheit konnten sie nicht erkennen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Revision ließ der VGH zwar nicht zu. Diese Nichtzulassung kann Scientology aber beim Bundesverwaltungsgericht anfechten.

Andere Gerichtsentscheidung vor zwei Wochen
Erst vor zwei Wochen hatte das Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz weiterhin Scientology beobachten und dabei nachrichtendienstliche Mittel einsetzen darf. Es lägen tatsächliche Anhaltspunkte vor, dass Scientology Bestrebungen verfolge, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet seien, hieß es zur Begründung. Das Gericht bestätigte damit in zweiter Instanz die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts von 2004. Eine Revision gegen das Urteil ist nicht möglich. Über eine mögliche Nichtzulassungsbeschwerde muss das Bundesverwaltungsgericht Leipzig entscheiden.

Das OVG Münster hob in der Urteilsbegründung hervor, es gebe Hinweise, dass Scientology eine Gesellschaftsordnung anstrebe, in der zentrale Verfassungswerte wie die Menschenwürde außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden sollten. Vor allem bestehe der Verdacht, dass in einer solchen Ordnung nur den eigenen Mitgliedern staatsbürgerliche Rechte zugestanden werden sollten.