"Segnungsgottesdienst für Liebende" am Kölner Dom

Segen im Zeichen des Regenbogens

Am Fuße des Kölner Domes fand an diesem Mittwoch ein "Segnungsgottesdienst für Liebende" statt. Für viele ist das ein Zeichen für Vielfalt in der katholischen Kirche; für das Erzbistum Köln ist das ein Verstoß gegen die Lehre.

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz (DR)
Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz / ( DR )

"Für uns ist das auch ein politisches Statement für Vielfalt und gegen Ausgrenzung", sagt Antje. Sie und ihre Partnerin Steffi sind gerade als Paar von einem katholischen Priester gesegnet worden. "Wenn es mehr solcher Priester gäbe", fährt sie fort, "dann hätte die katholische Kirche ein ganz anderes Standing". Die beiden waren - wie mehrere Hundert andere Menschen – am Mittwochabend zum "Segnungsgottesdienst für Liebende" am Fuße des Domes auf dem Bahnhofsvorplatz gekommen.

Pfarrer Klaus Koltermann, der das lesbische Paar gesegnet hat, dürfte das eigentlich nicht, denn die katholische Kirche verbietet es. Aber das sei ihm egal, sagt Koltermann. In seiner Gemeinde in Dormagen habe er schon drei Segnungsgottesdienste für Liebende organisiert und nie habe es danach Ärger mit der Bistumsleitung gegeben. Anders war es Pfarrer Herbert Ullmann aus Mettmann ergangen, der im Juli vom Erzbistum Köln gerügt worden war, weil er trotz des Verbots aus Rom in einem Gottesdienst auch homosexuelle Paare gesegnet hatte. Auch Ullmann ist an diesem Abend zum Dom gekommen, er beteiligt sich allerdings nicht an den Segnungen – das hatte ihm das Bistum untersagt – aber er wollte unbedingt dabei sein: Es sei beeindruckend, sagt er – dann sieht er seinen Kölner Kollegen Pfarrer Franz Meurer, die beiden begrüßen sich herzlich.

Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz (DR)
Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz / ( DR )

Warum schert Köln aus?

Initiator der Veranstaltung war der katholische Priester Wolfgang F. Rothe aus dem Pfarrverband Perlach in München. Die Idee kam ihm, nachdem er von der Rüge Ullmanns gehört hatte: "Ich war fassungslos und entsetzt", so Rothe. Erst im Frühjahr hatte der synodale Weg mehrheitlich die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren oder Wiederverheirateten empfohlen. "Für mich war es unverständlich, warum das Erzbistum Köln da ausschert und einen Weg beschreitet, der sich von den meisten deutschen Bistümern unterscheidet."

Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz (DR)
Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz / ( DR )

"Wie wäre es, wenn wir einen gemeinsamen Segnungsgottesdienst auf der Kölner Domplatte, also direkt vor dem Dom, feiern würden?", schrieb Rothe daher Anfang August bei Facebook. Seine Idee: Er und Geistliche aus anderen Bistümern organisieren eine Segensfeier, um Seelsorger aus dem Erzbistum Köln vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu schützen. "Ich war selbst überrascht, wieviel begeisterte Aufnahme das gefunden hat", erzählt er, "damit war das Ganze relativ schnell zum Selbstläufer geworden."

Protest gegen den Protest

Zahlreiche Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem Erzbistum Köln beteiligten sich an der Organisation; bei dem Gottesdienst am Mittwoch stehen sie neben großen Sonnenblumen, sprechen mit den Paaren und legen ihnen dann zum Segen die Hand auf den Kopf. Zwei Frauen beginnen zu weinen und umarmen sich danach minutenlang.  "Wir segnen. Ich mache mir da keine Gedanken", sagt Pastoralreferent Markus Boos aus Wuppertal auf die Frage, ob er keine Ermahnung aus der Bistumsspitze befürchte. "Wenn liebende Menschen einen Segen erbitten, warum soll ich ihren Wunsch dann nicht erfüllen?", fragt er.

Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz (DR)
Segensfeier auf dem Bahnhofsvorplatz / ( DR )

Einige Meter von der Segensfeier entfernt demonstrieren einige Dutzend konservative Katholiken gegen die Segnungen. "Bleiben wir katholisch", steht auf einem Transparent. Auch für die Abendmesse im Dom hatten Gebetsgruppen im Netz dazu aufgerufen, vor dem Hintergrund der Aktion für Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und das Erzbistum zu beten. Der Dom war so gut besucht, dass die Abendmesse von der Marienkapelle in die Vierung verlegt werden musste, wie einer der Domküster berichtet.

Abendmesse im Kölner Dom / © Markus Mockel (privat)
Abendmesse im Kölner Dom / © Markus Mockel ( privat )

Verstoß gegen die kirchliche Lehre?

Auch in der Bistumsspitze sieht man die Segensfeier kritisch: "Wenn Menschen sich versammeln, um Gottesdienst zu feiern, ist das erst einmal etwas Wunderbares", sagt Generalvikar Monsignore Guido Assmann im Interview mit DOMRADIO.DE, aber der Anlass bereite ihm "Bauchschmerzen": "Gottesdienst darf nie verzweckt werden. Er darf keineswegs ein Protest sein", sagt er.

Das öffentliche Unverständnis darüber, dass die Kirche zwar Autos, Tiere oder Bauzäune aber keine homosexuellen Paarbeziehungen segnet, kann Assmann nachvollziehen: "Das ist eine Spannung, die wir aushalten müssen." Jeder Mensch könne gesegnet werden, unabhängig von der sexuellen Orientierung, stellt er klar. Aber eben keine gleichgeschlechtlichen Beziehungen, so der Generalvikar weiter, "weil sie mit der Ehe dann gleichgestellt würden."

Guido Assmann / © Harald Oppitz (KNA)
Guido Assmann / © Harald Oppitz ( KNA )

Noch 2021 hatte der Vatikan deutlich gemacht, dass es "nicht erlaubt" sei, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen, da solche Verbindungen "nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden" könnten. Und auf den Seiten des Erzbistums Köln ist zu lesen: "Bis heute kann man sich mit etwas einverstanden erklären, indem man "seinen Segen dazu gibt". In diesem Sinne würde eine kirchliche Segnung "die Absicht zum Ausdruck bringen, … einen Entschluss und eine Lebenspraxis zu billigen und zu fördern", die nach kirchlicher Lehre dem Schöpferwillen Gottes nicht entspricht."

Muss die Lehre geändert werden?

Pfarrer Rothe widerspricht: Selbst der Vatikan habe mittlerweile anerkannt, dass durch diese Lehre Menschen diskriminiert und verletzt würden. Er verweist auf das Vorbereitungsdokument zur Bischofssynode im Oktober, in dem gefragt wird, wie diejenigen, die von der Kirche verletzt wurden, sich wieder anerkannt und frei fühlen könnten. "Diese Frage wird hoffentlich in Rom diskutiert", sagt Rothe, "und wir zeigen heute in Köln, wie es geht!"

In seiner Heimat München hat er damit keine Probleme: Immer wieder segnet er dort Paare, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder ob sie schon mal verheiratet waren: Sein Erzbischof lässt ihn machen. Gerade erst hatte Reinhard Kardinal Marx in einem Interview gesagt, er würde solche Segnungen selbst auch vornehmen, wenn er darum gebeten würde.

Wolfgang F. Rothe / © Dieter Mayr (KNA)
Wolfgang F. Rothe / © Dieter Mayr ( KNA )

Dass die Segnenden in Köln mit Konsequenzen rechnen müssen, glaubt Rothe nicht und verweist auf die Aktion "Liebe gewinnt" im Jahr 2021: Damals hatte es über 100 Segnungsfeiern im ganzen Bundesgebiet gegeben: "Der Sinn dieser Initiative war, durch die schiere Masse an Segnenden der kirchlichen Obrigkeit die Möglichkeit zu nehmen, Sanktionen auszuüben. So ist es hier in Köln heute auch."

In Kürze: Was ist ein Segen?

Der Segen ist ein Ritus, der einer Person göttliche Lebenskraft und Schutz zuspricht. Bei der Segnung eines Gegenstandes wird zum Ausdruck gebracht, dass sein Gebrauch heilsam sein möge. Segen und Segnungen geschehen durch eine von der Kirche festgelegtes, formelhaftes Bittgebet, das durch Gesten wie Kreuzzeichen, Handauflegung oder Berühren mit einem Heiltum oder den Gebrauch von Weihwasser begleitet sein kann.

Symbolbild Hoffnung, Segen / © Love You Stock (shutterstock)
Symbolbild Hoffnung, Segen / © Love You Stock ( shutterstock )
Quelle:
DR