"Ich erlebe die Kirchen während der Corona-Krise - auch in meiner Heimatstadt - als sehr präsent und engagiert", sagte Gröhe den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Kritik seiner Parteikollegin Christine Lieberknecht (CDU), die zuletzt den Kirchen Versagen in der Krise vorgeworfen hatte, wies Gröhe zurück. "Die Kritik an einer vermeintlich fehlenden Sichtbarkeit der Kirchen kann ich daher nicht nachvollziehen", sagte der Unions-Fraktionsvize. Die Nähe zu den Menschen mache die kirchlichen Organisationen gerade in unsicheren Zeiten stark und unverzichtbar.
Lars Castellucci, Religionsbeauftragter der SPD, appellierte an die Kirchen, die Krise als Chance zu begreifen. "Man kann etwa mit vereinten Kräften versuchen, alle Gemeindemitglieder telefonisch zu erreichen, oder Onlineformate ausprobieren, mit denen man dann vielleicht auch neue Zielgruppen erreicht", sagte Castellucci den Funke-Zeitungen.
"Stärkere Unterstützung und Würdigung"
Die Grünen im Bundestag rufen angesichts der Corona-Krise dazu auf, die Religionsausübung zu stärken und besser zu schützen. "Die gesellschaftliche Relevanz der Kirchen für ihre Gläubigen und Gemeinden wird gerade in diesen Zeiten der Krise bewusst und verdeutlicht einmal mehr, dass es hier dringend eine stärkere Unterstützung und Würdigung bedarf", sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende und Religionsbeauftragte Konstantin von Notz den Funke-Zeitungen. Die derzeitigen Einschränkungen in Gottesdiensten seien allerdings "zum Schutz der Gesundheit und des Lebens" weiterhin geboten.
EKD rechnet mit Einnahmerückgang
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) stellt sich indes auf einen deutlichen Rückgang der Kirchensteuer-Einnahmen ein. "Je nach Szenario und Landeskirche könnte der Korridor zwischen minus 10 und minus 30 Prozent in diesem Jahr liegen", teilte ein Sprecher der EKD den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit.
Allerdings treffe die Situation die evangelische Kirche nicht unvorbereitet. Schon vor der Krise sei ein Synodenbeschluss erlassen worden, der eine reale Aufwandsanpassung im Haushalt um 30 Prozent bis 2030 vorsehe.
Auch die katholische Kirche erwartet einen deutlichen Rückgang des Kirchensteueraufkommens. Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, nannte es "absehbar, dass die Kirchen vor einem schwierigen, vermutlich bitteren Abwägungsprozess stehen, was Priorität hat und was ganz oder teilweise auslaufen sollte".