Die ganze Welt saß vor dem Fernseher, und es ging nicht um Fußball. Wer in der Nacht zum 21. Juli 1969 zu den damals unfassbaren 500 Millionen Zuschauern gehörte, wird die Bilder ebenso wenig vergessen wie 2001 jene der Anschläge von New York: Der Mensch betritt den Mond.
Die Zeiten waren ideologisch, und der Wettlauf von Russen und US-Amerikanern zum Mond wurde erbittert ausgetragen. Vor Ablauf des Jahrzehnts wolle Amerika einen Menschen dorthin bringen, erklärte US-Präsident John F. Kennedy im Mai 1961 vollmundig. Der Kindheitstraum der Menschheit, diese Grenzüberschreitung ohne Beispiel wurde möglich durch den Kalten Krieg, den Wettlauf der Systeme.
Fehlschläge, Pannen, Explosionen im Zeitraffer
25 Milliarden Dollar spendiert sich die US-Weltraumindustrie für das Himmelfahrtskommando, um den Riesenvorsprung der Sowjets in der bemannten Raumfahrt doch noch aufzuholen. Und die "Mission Impossible" wird erfüllt, das Apollo-Programm, eigentlich auf Jahrzehnte angelegt, durchgepeitscht: Fehlschläge, Pannen, Explosionen im Zeitraffer. Amerika geht höchstes Risiko ein - und entscheidet so das Kopf-an-Kopf-Rennen für sich. Die Welt hält den Atem an, als am 17. Juli 1969 der Countdown abläuft. "Ignition!" Unfassbar schön erhebt sich die "Saturn V"-Rakete in den Himmel über Cape Kennedy: "Lift-off!" Das größte aller Abenteuer hat begonnen.
Der Herzschlag von Neil Armstrong, Kommandant der Landefähre "Eagle" (Adler), liegt bei 156 Schlägen pro Minute - normal sind 77. Noch ein paar Sekunden, dann ist es geschafft. Am 20. Juli 1969 um 21.17 Uhr mitteleuropäischer Zeit, knapp 103 Stunden und mehr als 360.000 Kilometer nach dem Start, landet der "Adler" auf der Mondoberfläche - per Handsteuerung. Der Zentralrechner ist überlastet, als es gerade am spannendsten ist.
Armstrong macht den berühmten ersten Schritt mit links
Stunden vergehen, letzte Vorbereitungen. Auf das "Meer der Ruhe" sind nun eine halbe Milliarde Augenpaare gerichtet. Und dann, um 3.56 Uhr, steht erstmals ein Mensch auf einem anderen Himmelskörper. Armstrong trägt sein altes Pfadfinderabzeichen unter dem Raumanzug, als er seine berühmten Worte spricht: "Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit". Armstrong macht ihn mit links. Wenige Minuten später folgt Edwin "Buzz" Aldrin.
Wie lunare Tanzbären sehen die Männer im Mond mit ihren klobigen Anzügen und ungeschickten Bewegungen in Zeitlupe aus, und ihre unfreiwilligen Tänzchen enden auch schon mal im Mondstaub. Sie hissen die "Stars and Stripes", die Flagge der USA, und sammeln 27 Kilo Gesteinsproben. Nach sieben Tagen kehren sie als Helden auf die Erde zurück - und erhalten nach Ablauf der Quarantäne die obligatorische Konfettiparade in den Hochhausschluchten von New York.
Eroberung des Mondes als "Fake News"?
Alles nur ein Traum - oder gar der größte Schwindel der Menschheitsgeschichte? Bis heute halten sich Verschwörungstheorien, die USA hätten die ganze Maschinerie ihrer Kalte-Kriegs-Propaganda aufgeboten, um in geheimen Studios die verwaschenen Bilder und knisternden Lautsprechertöne von der vermeintlichen Mondoberfläche einzuspielen. Die Eroberung des Mondes als "Fake News"?
Schon bald nach dem Triumphzug von "Apollo 11" wird es stiller um die Mondfahrt. Die Anfangseuphorie weicht Ernüchterung. Zwar landen bis Ende 1972 in fünf Apollo-Missionen insgesamt zwölf Menschen auf dem Erdtrabanten; doch die Öffentlichkeit beginnt zu fragen: Was soll man so recht anfangen mit 382 Kilo Geröll und Sternenstaub? Wofür die hohen Kosten, wofür die Todesopfer wie die sieben Astronauten der "Challenger" 1986 und die sieben der "Columbia" 2003?
Trip ins All hat Spuren hinterlassen
Was bleibt von der Ära der Mondfahrt? Die Teflonpfanne, der Herzschrittmacher - aber auch ein neues Bewusstsein für die Kostbarkeit des "blauen Planeten". Rückblickend war dieser weiteste aller Flüge vor allem eine Erweiterung des menschlichen Horizonts. Von ferne blickte die Menschheit in den Spiegel - und sah auch auf die Grenzen ihres Wachstums.
Auch bei den Mondreisenden selbst hat der Trip ins All Spuren hinterlassen. Einige von ihnen schlugen ungewöhnliche Karrieren ein: Jim Irvin (1930-1991) von "Apollo 15", der schon in seine Funksprüche vom Mond hin und wieder eine Bibelstelle einflocht, schied als Oberst aus dem Dienst und wurde Pfarrer. Und Alan Bean (1932-2018), mit "Apollo 12" vierter Mann auf dem Mond, startete eine zweite Karriere als Maler. Er porträtierte den Mond, ausschließlich den Mond, fünfmal pro Jahr. "Wir machten Bilder von allem und versuchten, unsere Eindrücke in Worte zu fassen", sagte der heute fast 90-jährige Buzz Aldrin im Rückblick. "Aber für Gefühle gibt es kein Aufzeichnungsgerät."