Sekten-Info sieht anhaltenden Effekt von Verschwörungsdenken

Anfragen auf hohem Niveau

Obwohl die Corona-Pandemie Vergangenheit ist, gibt es weiter viele Verschwörungsgläubige. Angehörige suchen nach wie vor Hilfe bei Sekten-Info NRW. Über 1000 Anfragen verzeichnete der Verein im vergangenen Jahr.

Beratungsgespräch / © Pressmaster (shutterstock)

In der Corona-Pandemie aufgekommene Verschwörungstheorien wirken nach Erkenntnissen der Sekten-Info Nordrhein-Westfalen immer noch nach. Zwar seien damit zusammenhängende Anfragen und Beratungsfälle inzwischen rückläufig, erklärte der Verein am Mittwoch in Essen. Aber verglichen mit vorpandemischer Zeit befänden sie sich nach wie vor auf hohem Niveau. Sie kämen hauptsächlich von Angehörigen von Verschwörungsgläubigen.

Über 1000 Anfragen im vergangenen Jahr

Bei vielen der längerfristigen Beratungen zu diesem Thema sei aber eine Beruhigung in den Familien erreicht worden, berichtete der Verein aus dem Jahresbericht 2023, der ab Freitag in voller Länge auf seiner Website abgerufen werden kann. Differenzen zu den Verschwörungsnarrativen wirkten sich nicht mehr so zerstörerisch aus.

Christlich fundamentalistische Gruppen

Die Sekten-Info verzeichnete im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 1.016 Anfragen. Nach den Beratungsfällen im Kontext von Verschwörungstheorien hätten jene über christlich fundamentalistische Gruppen an zweiter Stelle gestanden. Hier seien "geschlossene Brüdergemeinden" besonders problematisch. Mitglieder empfänden die Lebensführung dort oft als sehr eingeschränkt.

Eine besondere Verknüpfung einer christlich fundamentalistischen Ideologie mit Verschwörungstheorien zeigt sich laut Sekten-Info bei der schweizerischen "Organischen Christus Generation". Die Gruppe habe auch in NRW Beratungsbedarf ausgelöst.

Niederschwellige Psychogruppen

Symbolbild Marionette / © Marko Aliaksandr (shutterstock)
Symbolbild Marionette / © Marko Aliaksandr ( shutterstock )

Im Kontext sogenannter Psychogruppen habe sich der Verein mit vielen kleinen Gemeinschaften beschäftigt, hieß es. Kennzeichnend für sie seien pseudotherapeutische Elemente. Hierbei spielten teils Drogenkonsum und im Rahmen der Gruppenideologie ausgelebte Sexualität eine Rolle. Betroffene berichteten von traumatischen Grenzüberschreitungen und sexuellen Übergriffen. Abhängigkeiten und sexuelle Übergriffe würden aber auch von Gruppen berichtet, bei denen zunächst nur Yoga-, Fitness-, Kampfsport- oder Meditationsangebote wahrgenommen würden.

100 Kinder und Jugendliche betroffen

Unabhängig von der Kategorie waren den Angaben zufolge 2023 insgesamt 100 Kinder und Jugendliche betroffen - gerade im Zusammenhang mit Verschwörungserzählungen. So versuchten Eltern ihre Kinder vom Schulsystem und dem als feindlich wahrgenommenen "Staat" fernzuhalten.

Die Sekten-Info NRW wurde 1984 gegründet, um Betroffenen von neuen, religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen Information und Beratung zu geben. Die Arbeit wird zu einem großen Teil vom Land NRW und der Stadt Essen finanziert, aber auch durch Spenden. Zum Team gehören Expertinnen und Experten aus Psychologie, Pädagogik und Theologie sowie eine Juristin.

Quelle:
KNA