Er war "der Priester". Franziskus von Boeselager, seinerzeit Kaplan im Münsteraner Stadtteil Roxel, stellte sich 2016/17 für das Internet-Projekt "Valerie und der Priester" zur Verfügung. Ein Jahr lang gewährte er der kirchenfernen Journalistin Valerie Schönian Einblick - in seine Arbeit, in sein Leben, seine Berufung.
Gut drei Jahre später spricht von Boeselager noch immer begeistert von dem Projekt. "Das war schon super, perfekt eingestielt und auch sehr gut organisiert." Bis heute werde er - mittlerweile Kaplan in der Kölner Innenstadtgemeinde Sankt Aposteln - immer wieder darauf angesprochen. Das freue ihn sehr.
Hat Projekt für Berufungen gesorgt?
Initiiert wurde "Valerie und der Priester" vom Zentrum für Berufungspastoral (ZfB), einer Arbeitsstelle der Deutschen Bischofskonferenz. Aber hat das Projekt wirklich für Berufungen gesorgt? Hier ist von Boeselager skeptisch. "Valerie und der Priester" habe zwar viel Aufmerksamkeit erfahren - "aber vor allem binnenkirchlich". Im Rückblick sei das Ganze eher ein Evangelisierungs- als ein Berufungsprojekt gewesen. "Leute außerhalb der Kirche anzusprechen, ist uns eher nicht gelungen."
"Das war gar nicht unser erster Anspruch", meint wiederum ZfB-Direktor Michael Maas. Zunächst habe man vor allem die unterstützen und bestärken wollen, "die diesen Weg schon gehen". Und dieses Ziel habe man sehr wohl erreicht.
Wer sich heute in der Kirche engagiert oder gar Priester werden will, dem wehe oft ein rauer Wind entgegen, berichtet Maas. Im Freundeskreis, aber oft auch in der eigenen Familie, werde Druck aufgebaut - Druck dagegen. "So manche Berufung ist daran schon gescheitert", so der Freiburger Priester. Ein wichtiges Ziel der Berufungspastoral sei es von daher, das Selbstbewusstsein der Gläubigen zu stärken. "Nur wer seinen Glauben selbstbewusst vertritt, kann sich einer Berufung auch bewusst werden", fasst Maas den Ansatz zusammen.
Dieses Selbstbewusstsein vermisst Maas auch beim Synodalen Weg. "Wenn man die Debatten da verfolgt, hat man oft das Gefühl, dass einfach alles schlecht ist." Aber wenn ohnehin alles schlecht ist, dann lohne sich auch ein Reformweg nicht.
Projekt "Gott im Abseits"
Dass beileibe nicht alles schlecht ist in der Kirche, wollte auch das zweite große Internet-Projekt der ZfB beweisen: "Gott im Abseits".
Drei junge Journalisten - auch sie bewusst kirchenfern - haben dabei Menschen begleitet, die sich aus dem Glauben heraus für die Gestrandeten in der Gesellschaft einsetzen: in der Suchthilfe, in einer Straßenambulanz, im Gefängnis. Und auch hier zieht Michael Maas ein positives Fazit. "Viele Jugendliche, die selbst kirchlich engagiert sind, haben sich durch dieses Projekt bestärkt gefühlt."
Dass ein weiteres Online-Projekt einstweilen noch in der Entwicklungsphase ist, hat auch mit Corona zu tun. "Da sind wir nicht so schnell vorangekommen, wie wir wollten", berichtet Maas. Spätestens Anfang 2021 aber soll es so weit sein. Daran beteiligt ist auch - wie bei den bisherigen Projekten - wieder Autor Erik Flügge. Mehr aber will der Geistliche einstweilen nicht verraten.
Eines aber ist Maas noch wichtig: Das ZfB ist in der Zwischenzeit nicht einfach abgetaucht. So habe man 2019 die Aktion "Werft die Netze aus" gestartet - ein 24-Stunden-Gebet zum Weltgebetstag um geistliche Berufungen. Auch ein Buch mit Gebeten und Fürbitten im Anliegen um Berufungen habe man herausgebracht.
Persönlicher Kontakt ist wichtig
"Die großen Online-Projekte sind gut und wichtig", erläutert der Geistliche, "aber letztlich sind sie ganz einfach Marketing. Und das können alle anderen auch." Das Gebet hingegen sei der ureigenste Kern der Kirche. Umso weniger versteht Maas den gelegentlich geäußerten Vorwurf, dass der Kirche beim Thema Berufung "nicht viel mehr als Beten" einfalle. Und er setzt hinzu: "In vielen Gemeinden könnte noch viel regelmäßiger um geistliche Berufungen gebetet werden."
Auch Franziskus von Boeselager glaubt nicht, dass Onlineprojekte, so gut sie auch gemacht sein mögen, massiv Berufungen wecken können.
"Das A und O ist hier der persönliche Kontakt." Internetaktionen könnten das medial begleiten, im günstigsten Fall unterstützen und fördern. "Aber das Christentum ist und bleibt eine Beziehungsreligion. Ohne die persönliche Beziehung gibt es keine Berufung. Davon bin ich fest überzeugt."