Das ist das Fazit eines zweijährigen interdisziplinären Forschungsprojekts, das mit einer Tagung an diesem Wochenende in München abgeschlossen wird.
Sexualität jenseits von totalem Schutz oder Übergriffen
"Es gibt entweder den totalen Schutz, der nichts ermöglicht und dadurch gewaltvoll ist, weil das Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung komplett missachtet wird. Oder aber es gibt das übergriffige Phänomen. Am häufigsten sind dabei Übergriffe zwischen behinderten Menschen untereinander", sagte Barbara Schellhammer von der Hochschule für Philosophie München am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in einem Interview.
Die Kulturphilosophin leitete das Projekt mit Karolin Kuhn vom Christlichen Sozialwerk Dresden.
Schutzstelle soll Betroffene miteinbeziehen
Kuhn erläuterte: "Solch eine Erwachsenenschutzstelle bezieht die Betroffenen ein, kämpft für ihre Rechte und sollte Einrichtungen Regeln und Vorgaben machen können, auch um strukturelle Gewalt zu verhindern. Sie sollte zudem therapeutische Maßnahmen vermitteln und Interventionsmaßnahmen anordnen können."
Die Stelle wäre eine Art Pendant zum Jugendamt. In den USA gebe es das schon, hieß es. Notwendig sind den Forscherinnen zufolge Nachbesserungen im Strafrecht, auch mit Blick auf den Umgang mit schuldunfähigen Tätern.
Ansprache des Themas in der Schule soll Eltern Angst nehmen
Ferner brauche es mehr Therapie- und Beratungsangebote. In den Schulen solle das Thema zeitig angesprochen werden, um Eltern Angst zu nehmen.
Im Rahmen des Projekts hätten Eltern immer wieder ihre Unsicherheit gespiegelt, wie sie mit dem Wunsch ihrer Kinder nach sexuellen Erfahrungen umgehen sollen.
Auch Menschen mit geistigen Einschränkungen beteiligt
Das Forschungsprojekt "Zwischen sexueller Selbstbestimmung und sexueller Gewalt bei Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung (SeBi)" ist eine Kooperation der Professur für Intercultural Social Transformation (IST), die Schellhammer an der Hochschule für Philosophie München innehat, mit dem Christlichen Sozialwerk Dresden (CSW) sowie dem Interdisziplinären Wissenschaftlichen Zentrum Medizin-Ethik-Recht der Universität Halle-Wittenberg.
An der Abschlusstagung in München sind auch Menschen mit geistigen Einschränkungen beteiligt.