DOMRADIO.DE: Sie hatten Anfang vergangener Woche zunächst 100 Sportlerinnen und Sportler aus Ägypten empfangen, Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung. Die kamen alle nach Essen. Warum sind die nicht gleich nach Berlin geflogen?
Ewald Brüggemann (Sportlicher Leiter des DJK Franz Sales Hauses): Weil es bei den Special Olympics ein "Host Town Project" gibt. Es kommen 170 Staaten nach Deutschland, die dieses Turnier spielen. Und man wollte auf der einen Seite auf das Thema Inklusion und Sport für Menschen mit Behinderung aufmerksam machen.
Deshalb hat man 170 Städte in ganz Deutschland gesucht, die Partner sind. So sind alle Athleten eine Woche vorher schon mal nach Deutschland gekommen, haben die Kultur, haben Deutschland kennengelernt und haben sich natürlich auch ein bisschen hier vorbereiten können, indem Kontakte geknüpft wurden, man voneinander versucht hat zu lernen.
Das war ein spannendes Projekt, auch für so eine Stadt wie Essen. Denn das ist so selten, dass auch der Sport für Menschen mit Behinderung im Vordergrund steht.
DOMRADIO.DE: Wie kann man sich die Verständigung untereinander vorstellen?
Brüggemann: Wir hatten natürlich viele Übersetzer da, wir sprechen ja über Menschen mit geistiger Behinderung, wo Fremdsprachen eine Barriere darstellen. Auf der anderen Seite, wenn man mit Menschen mit geistiger Behinderung arbeitet, weiß man, dass die keine großen Ängste vor anderen Leuten haben und sehr offen auf andere Menschen zugehen. Von daher war das eigentlich eine gute Atmosphäre.
Wir haben zum Beispiel eine Abschlussfeier gehabt. Da haben wir Musik aus Deutschland, aber auch aus Ägypten gemacht. Das ist ein verbindendes Element, dann brechen alle Dämme, dann gibt es keine Barrieren mehr, auch keine sprachlichen.
DOMRADIO.DE: Die Futsal-Nationalmannschaft des DJK ist schon einige Tage in Berlin. Was ist das für ein Sport, klingt fast wie Fußball.
Brüggemann: Ja, das kommt auch vom Fußball. Es ist eigentlich von Fußballern entwickelt worden, die mehr die Technik des Fußballspiels in den Vordergrund stellen wollten. Die wollten das körperloser machen. Man wollte nicht den Kampf und das gegenseitige Umrennen, sondern eher diesen Spiel-Fußball wieder in den Vordergrund stellen.
Dafür hat man einige besondere Regeln gemacht. Zum Beispiel, dass es körperlos sein soll, zum Beispiel, dass der Ball kleiner und schwerer ist, sodass man viel mehr mit dem Ball spielen muss, weniger, dass Flanken und das Kopfballspiel im Vordergrund stehen. Es gibt also ein paar Anpassung der Fußballregeln und es findet in der Halle statt.
Insgesamt ist es aber immer noch unter dem Begriff Fußball zu sehen.
DOMRADIO.DE: Wie schlägt sich die Mannschaft gegen die anderen Teams?
Brüggemann: Wir sind im Moment in der Gruppenphase. Es gibt zwei Gruppen im Futsal mit jeweils fünf Teams. Wir haben das erste Spiel gegen einen starken Gegner eigentlich gewonnen, wurden aber disqualifiziert, weil es in diesem Bereich immer so ist, dass man alle Spieler, die mit mitgefahren sind, einsetzten muss.
Wir haben die Spielzeiten einiger Spieler nicht eingehalten. Dadurch haben wir schon wieder gelernt. Alle anderen Spiele konnten wir aber gewinnen, sodass wir im Moment auf Platz zwei sind.
Jetzt kommt die Phase, wo man aus diesen zehn Mannschaften zwei Gruppen – eine starke, eine schwache – macht. Ich gehe davon aus, dass wir in die starke Gruppe kommen und dann in dieser ersten Gruppe noch die Möglichkeit haben, in den letzten zwei Spieltagen um die Goldmedaille zu spielen.
DOMRADIO.DE: Sie als Essener Verein entsenden das komplette Nationalteam des Futsal? Das ist anders als im olympischen Sport, wo die Besten der ganzen Bundesrepublik zusammenkommen.
Brüggemann: Richtig. Special Olympics Deutschland macht vorher viele Qualifizierungsturniere. Das wichtigste Turnier für uns, um uns dafür zu qualifizieren, waren die Special Olympics National Games, die im letzten Jahr in Berlin stattgefunden haben. Dort haben wir mit dem Team die Silbermedaille gewinnen können und damit konnten wir uns bewerben, dass wir als Nationalteam zu den Special Olympics World Games fahren. Das haben wir dann letztendlich auch geschafft.
Man versucht über Vorturniere die stärksten Mannschaften rauszufinden, die man dann als Nationalteam zu den World Games fahren lässt.
DOMRADIO.DE: Sie unterstützen mit dem DJK Franz Sales Haus Menschen mit geistiger, psychischer und mehrfacher Behinderung. Inwiefern spielt die katholisch-christliche Ausrichtung im Zusammenhang mit dem Sport eine Rolle?
Brüggemann: Das Franz Sales Haus ist eine große Einrichtung für Menschen mit Behinderung hier in Essen. Gleichzeitig gehören wir der katholischen Kirche an. Es gibt eine Stiftung, die im Bereich der Caritas unterwegs ist. Von daher gibt es immer eine enge Verbindung zu der Kirche.
Wir haben eine Kirche auf dem Gelände, wir machen gemeinsame Aktionen, zum Beispiel eine Fahrrad-Wallfahrt oder wir machen gemeinsam Sport-Exerzitien. Letztendlich gibt es aber viele Verbindungen, weil wir im Fußball wie im richtigen Leben Menschen haben wollen, die sich vernünftig verhalten, die fair und gut miteinander umgehen.
Da kann der Sport einiges dazu beitragen, wie die Kirche auch. Das sind die Werte, die wir vermitteln. Die haben bei uns Bestand, im Sport wie im normalen Leben. Ich glaube, wir bereiten unsere Sportler deshalb auch vernünftig auf das normale Leben vor.
Das Interview führte Tobias Fricke.