Religionsvertreter gedenken dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

"Sich erinnern ist keine leichte Übung"

Versöhnung, Frieden und Einheit: Zum 80. Jahrestag des Kriegsbeginns äußern sich Vertreter der Kirchen und des Zentralrats der Juden. Der "Prozess der Versöhnung" sei noch immer nicht abgeschlossen.

Soldaten in der Zeit des Zweiten Weltkriegs / © Ivan Cholakov (shutterstock)
Soldaten in der Zeit des Zweiten Weltkriegs / © Ivan Cholakov ( shutterstock )

Religionsvertreter haben mit Blick auf den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren zu mehr Einsatz für den Frieden aufgerufen.

Mit den "Früchten der Versöhnung" gelte es verantwortungsbewusst umzugehen, heißt es am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung der katholischen Bischöfe von Polen und Deutschland. Unterzeichnet ist sie von den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen beider Länder, Erzbischof Stanislaw Gadecki und Kardinal Reinhard Marx, sowie von den Co-Vorsitzenden der Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Jan Kopiec und Erzbischof Ludwig Schick.

80 Jahre nach dem deutschen Angriff auf Polen erinnern die Bischöfe insbesondere an die sechs Millionen Polen, "darunter drei Millionen Juden, die Opfer des verbrecherischen Nazisystems wurden. Wir sind uns des Schmerzes bewusst, den die Opfer und die Angehörigen erlitten haben und der bis heute zu spüren ist." Um dieses Leid zu überwinden, gelte es, sich "aufrichtig am Prozess der Versöhnung zwischen unseren Nationen zu beteiligen".

Die Erklärung solle "das wichtige Gut des Friedens, der Versöhnung, des guten Miteinanders, auch der Akzeptanz von verschiedenen Kulturen und Völkern" in Erinnerung rufen, sagte Erzbischof Schick dem Internetportal domradio.de. "Wir hatten im letzten und vorletzten Jahrzehnt ein vereinteres Europa", so Schick. Derzeit gebe es jedoch verschiedene Staaten, "die sich wieder mehr nur mit sich beschäftigen wollen und nur auf ihren eigenen Nationalstaat schauen".

Erzbischof Koch: Mehr Interesse für Polen

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch warb für mehr Interesse für das Nachbarland Polen. "Noch immer wissen wir viel zu wenig über unsere polnischen Nachbarn", sagte er im rbb-Radio. Dabei gebe es "so viele Gründe, auf unsere Nachbarn zuzugehen mit der Bitte um Vergebung, mit der ausgestreckten Hand und mit der Einladung zum Gespräch".

"Sich erinnern ist keine leichte Übung. Eine Zumutung bisweilen", sagte die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus. Die Geschichte fordere dazu auf, genau hinzuschauen und Stellung zu beziehen. Sie sei dankbar, dass 80 Jahre nach dem deutschen Angriff auf Polen eine gemeinsame Erinnerung möglich sei.

Der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, rief Christen dazu auf, Entscheidungsträger an ihre Verantwortung erinnern. "Worte sind äußerst kraftvoll und können sehr viel Schmerz und Unheil verursachen", so Samiec.

Zentralrat der Juden: Frieden ist nicht selbstverständlich

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, mahnte zum Innehalten aus Anlass des Gedenkens. "Es gilt zu fragen, ob wir uns noch auf dem richtigen Weg befinden", schreibt er in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". In vielen europäischen Staaten werde offenbar zunehmend vergessen, "dass Frieden nicht selbstverständlich ist".

Vor 80 Jahren, am 1. September 1939, begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen. Rund 60 Millionen Menschen verloren während des sechs Jahre dauernden Krieges ihr Leben.


Quelle:
KNA