Papstreise in den Irak unter Fragezeichen

Sicherheitslage und Pandemie

Ausgerechnet mit Bagdad will Franziskus sein Reiseprogramm wieder aufnehmen. Grassierende Corona-Infektionen und die Gefahr von Zwischenfällen stellen infrage, ob der Besuch überhaupt stattfinden kann.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
Irak: Straßenszene in Karakosch (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Irak: Straßenszene in Karakosch (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Papst Franziskus zeigt sich weiterhin entschlossen, Anfang März den Irak zu besuchen. Dabei steht seine 33. Auslandsreise nach einer anderthalbjährigen coronabedingten Abstinenz unter außerordentlichen Herausforderungen - nicht nur mit Blick auf die sensible religiöse und politische Situation in dem Krisenstaat.

Sicherheitsfragen und die Corona-Pandemie machen die Visite riskant und schwierig. Nachdem die Neuinfektionen im Irak seit November zurückgingen, stiegen sie zuletzt rasant an; der Sieben-Tage-Mittelwert verdreifachte sich seit Anfang Februar. Die Regierung verhängte einen strikteren Lockdown bis zum 8. März. Von Donnerstag an dürfen die Menschen nur tagsüber, an Wochenenden gar nicht auf die Straße.

Papst und Begleiter reisen geimpft an

Ungeachtet dessen plant das Erzbistum Erbil am 7. März einen Massengottesdienst mit 10.000 Teilnehmern. Möglich ist das aufgrund eigener Vorgaben in der Autonomen Region Kurdistan.

Erzbischof Baschar Warda erklärte, dass die Messe im Franso-Hariri-Stadion unter sicheren Bedingungen stattfinden könne. Nur ein Drittel der Plätze werde vergeben. Eine Registrierung aller Teilnehmer mit ihrer Sitznummer soll im Fall von Covid-Erkrankungen die Nachverfolgung erleichtern. Für den Papst selbst und sein Gefolge droht vom Virus keine Gefahr.

Die gesamte Entourage der römischen Kurie und der päpstlichen Personenschützer reist geimpft an. Der Vatikanstaat hat sein Vakzinationsprogramm weitgehend abgeschlossen. Im Irak selbst sind außer der Schlussmesse nur wenige Termine mit größeren Menschenansammlungen geplant.

Prekäre Sicherheitslage

Schwieriger als die Pandemie sehen die Organisatoren offenbar die Sicherheitslage. Die Terrormiliz "Islamischer Staat", 2017 für besiegt erklärt, gewinnt wieder Schlagkraft; der Anschlag vom 21. Januar im Zentrum Bagdads mit 32 Toten war nur der größte von vielen.

Franziskus will die einstige IS-Hochburg Mossul ebenso besuchen wie die Stadt Karakosch, aus der die Islamisten Zehntausende Christen vertrieben. Außer sunnitischen Extremisten schüren auch der Iran und seine Verbündete Unruhe. Dass dies nicht trivial ist, zeigte ein Raketenangriff am Dienstag auf den Flughafen Erbil.

Allgemein eine kritische Sicherheitslage herrscht an religiösen Stätten. In der für Schiiten heiligen Stadt Nadschaf will der Papst mit Großajatollah Ali al-Sistani zusammentreffen. Der ambitioniertere Schiitenführer Muktada al-Sadr ließ dort jüngst seine Brigaden auflaufen, wohl um sich im laufenden Wahlkampf als Garant der Ordnung zu präsentieren. Zugleich wies al-Sadr vergangenen Samstag Gegner des Papstbesuchs in die Schranken. Er und andere politische Exponenten betonen, der Papst sei mit seiner Botschaft von Frieden und Versöhnung willkommen im Irak.

Verantwortlich für die Sicherheit ist eigentlich Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi, der das Land nach den blutigen Bürgerprotesten von 2019/2020 zu den Wahlen im Oktober führen soll. Aber selbst ihm als ehemaligem Geheimdienstchef ist es nicht gelungen, die zahlreichen Milizen im Land unter eine gemeinsame Struktur von Militär- und Sicherheitskräften zu bringen.

Aufenthalt in einer Sicherheitsblase

Franziskus wird während seines Aufenthalts in einer Sicherheitsblase gehalten. Transfers finden hauptsächlich per Flugzeug und Hubschrauber statt - das geht schneller und ist leichter zu überwachen. Die jetzt angekündigte totale Ausgangssperre über die zweieinhalb Tage des Papstbesuchs ist nicht unbedingt als Schikane für Katholiken gedacht: Leere Straßen sind leichter zu kontrollieren, Attentäter haben es schwerer, sich zu bewegen.

Bereits vier Mal reiste ein Planungsstab aus Rom in den Irak, um an Schutz und Logistik zu arbeiten. Nicht einfacher macht, dass der Vatikan ausgerechnet bei dieser Reise ein junges Team am Start hat.

Nuntius Mija Leskovar, verantwortlich für die Koordination vor Ort, ist seit dem Sommer in Bagdad auf seinem ersten Posten. Die Funktion des päpstlichen Reisemarschalls ist derzeit unbesetzt; die Federführung liegt bei Dieudonne Datonou, einem früher im Iran tätigen Vatikandiplomaten im Staatssekretariat. Die Verantwortung für das Sicherheitskonzept trägt erstmals Gendarmeriechef Gianluca Gauzzi Broccoletti, im Amt seit Oktober 2019.

Religionsdiplomatisch ist die Visite denkbar delikat, nicht zuletzt mit Blick auf die benachbarten Golfstaaten und den Iran. In der breiten irakischen Öffentlichkeit sorgt der Besuch des Kirchenmanns aus Rom indessen nicht sonderlich für Festtagsstimmung. Was die Menschen seit dem Herbst 2019 zu Kundgebungen auf die Straßen treibt, sind Korruption, Arbeitslosigkeit, Einmischung fremder Staaten und der Einfluss von Islamisten unterschiedlicher Couleur auf die Politik. Viele Iraker, sagt ein Diplomat, haben "die Schnauze voll von religiösen Führern".


Großes Holzkreuz am Ortseingang von Karakosch, Irak (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Großes Holzkreuz am Ortseingang von Karakosch, Irak (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Irak: Erstkommunionkinder in Karakosch (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Irak: Erstkommunionkinder in Karakosch (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Kinder auf dem Schulweg in Mossul / © Paul Jeffrey/CNS photo (KNA)
Kinder auf dem Schulweg in Mossul / © Paul Jeffrey/CNS photo ( KNA )

Zerstörter Kirchturm des Klosters Mar Behnam im Irak (Archiv) / © Uygar Onder Simsek (KNA)
Zerstörter Kirchturm des Klosters Mar Behnam im Irak (Archiv) / © Uygar Onder Simsek ( KNA )
Quelle:
KNA