Sieg für Afrikanischen Nationalkongress bei Wahl in Südafrika

Letzte Chance für ANC

 In Südafrika hat der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) die Parlamentswahl für sich entschieden. Mit 57 Prozent wurde die Partei von Staatsgründer Nelson Mandela als stärkste Kraft wiedergewählt.

Mitglieder der Regierungspartei African National Congress (ANC) versammeln sich im Moses-Mabhida-Stadion zum 107. Jahrestag der Gründung der ehemaligen Befreiungsbewegung Südafrikas. (dpa)
Mitglieder der Regierungspartei African National Congress (ANC) versammeln sich im Moses-Mabhida-Stadion zum 107. Jahrestag der Gründung der ehemaligen Befreiungsbewegung Südafrikas. / ( dpa )

Mit Blick auf die Tatsache, dass es sich um das bislang schlechteste Ergebnis für den Afrikanische Nationalkongress (ANC) seit Ende der Apartheid vor 25 Jahren handelt, warnten Beobachter die ehemalige Befreiungsbewegung aber vor zu viel Euphorie. Die neue Regierung sei womöglich die "letzte Gelegenheit" für den ANC, die Probleme des Landes anzupacken. 

Rechts- und linksnationale Parteien im Aufwind

Neben der Regierungspartei musste auch die größte Oppositionspartei des Landes, die Demokratische Allianz, Stimmen einbüßen. Sie landete mit knapp 21 Prozent auf Platz zwei laut Ergebnis, das am heutigen Samstagmorgen bekannt gegeben wurde. Sorge bereitet einigen Experten der Stimmenzuwachs der links- und rechtsnationalen Parteien. Die linksradikale Economic Freedom Fighters (EFF) schaffte es mit fast elf Prozent auf Platz drei, während die rechtsnationale Freedom Front Plus (FF+) ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln konnte.

"Viele Südafrikaner betrachten die Politik der Mitte nicht länger als Weg, um politische Ziele zu erreichen", zitierten Medien den Politologen Ralph Mathekga. Er warnt, dass eine "radikalisierte Politik" in Zukunft eine "ernsthafte Gefahr" für Südafrikas stabile Demokratie darstellen könnte. 

Die Wahl galt als frei und fair. Vereinzelt kam es jedoch zu Unregelmäßigkeiten; mehrere Wähler wurden verhaftet, weil sie versucht haben sollen, ihre Stimmen mehrfach abzugeben. Eine Gruppe kleinerer Parteien drohte deshalb in der Nacht zum Samstag, das Ergebnis anzufechten.

Soziale Ungerechtigkeit sehr groß

25 Jahre nach Anbruch der Demokratie steht Südafrika vor großen Herausforderungen. Es gilt als Land mit der ungerechtesten Einkommensverteilung der Welt. Mehr als die Hälfte der Südafrikaner gilt als arm, jeder vierte ist arbeitslos. Hinzu kamen jüngst eine Energiekrise, schwaches Wirtschaftswachstum und zahlreiche Korruptionsskandale. 

Als Grund für den ANC-Erfolg nach Auszählung von 99 Prozent aller Stimmen gilt unter anderem Präsident Cyril Ramaphosa. Er genießt auch außerhalb der Partei breite Unterstützung. Bei der Stimmabgabe in Soweto, dem größten Township des Landes, betonte Ramaphosa am 8. Mai: "Wir kennen unsere Fehler und entschuldigen uns dafür. Wir haben unsere Lektion gelernt."

ANC abgestraft

ANC-Veteran und Ex-Präsident Kgalema Motlanthe sprach in Zusammenhang mit dem Wahlergebnis von einer "letzten Chance", die Partei zu retten. Ähnlich sieht dies die renommierte südafrikanische Politzeitschrift "Mail & Guardian" - sie sprach am Freitag von einer "letzten Gelegenheit" für den ANC, die Probleme des Landes anzupacken. 

Auch der katholische Pfarrer Peter John-Pearson, Direktor des bischöflichen Parlamentsbüros in Südafrika, warnte die Regierungspartei: Der Wahlsieg sei "kein Freibrief, um weiterzumachen wie bisher". Der ANC müsse begreifen, dass ihm nicht mehr die uneingeschränkte Loyalität seiner Stammwähler sicher sei und er bei den nächsten Wahlen erneut "abgestraft" werden könne.


Machtwechsel in Südafrika - der neue Präsident Cyril Ramaphosa / © Uncredited/AP (dpa)
Machtwechsel in Südafrika - der neue Präsident Cyril Ramaphosa / © Uncredited/AP ( dpa )
Quelle:
KNA