Simbabwes Oppositionsführer sucht Zuflucht in Hollands Botschaft - Erklärung des Sicherheitsrats dürftig

Sieg der Gewalt

Einen Tag nach dem Rückzug von Oppositionsführer Morgan Tsvangirai von der Stichwahl um die Präsidentschaft wurden am Montag 60 Anhänger der Opposition festgenommen, die in der Parteizentrale zuflucht gesucht hatten. Nach Angaben der BBC hat Tsvangirai selbst bereits am Sonntag in der niederländischen Botschaft in Harare Zuflucht gesucht. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat das gewalttätige Vorgehen der simbabwischen Regierung gegen Oppositionelle in der Nacht verurteilt.

 (DR)

In einer Erklärung vom Montagabend in New York rief er dazu auf, die Verfolgungen zu stoppen. Derzeit seien faire Wahlen in Simbabwe nicht möglich. Von der Regierung festgehaltene politische Führer seien freizulassen, heißt es in der Erklärung.

Der Sicherheitsrat äußerte sich besorgt über die humanitäre Lage in Simbabwe und verlangte, die Arbeit von Hilfsorganisationen nicht weiter zu behindern. Die Regierung solle alle internationalen Bemühungen um eine friedliche und demokratische Zukunft für das Land unterstützen.

Die Erklärung des Sicherheitsrats ist kein großer diplomatischer Erfolg. Eine internationale Anerkennung des Oppositionsführers Tsvangirai als legitimer Präsident Simbabwes, bis nach einer zweiten Wahlrunde ein demokratisches Ergebnis vorliegt, scheiterte am Widerstand Chinas und Südafrika.

Die Zukunft zerplatzt wie eine Seifenblase
Der deutsche evangelische Auslandspfarrer in Simbabwe, Klaus-Peter Edinger, sieht die Zukunft der Opposition in dem afrikanischen Land pessimistisch. «Ich fürchte, dass sie zerplatzt wie eine Seifenblase», sagte Edinger am Montag bei einem Besuch in Hannover. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Kraft hat, eine Bewegung aufzustellen, die in nächster Zeit die Regierung von Präsident Robert Mugabe ablösen könnte.»

Die Regierung wolle um keinen Preis die Macht abgeben: «Sie will und muss an der Macht bleiben, weil es diesen Leuten sonst an den Kragen geht.» Während Mugabe selbst noch auf einen Alterssitz auf den Land hoffen dürfe, müsse die Führung von Armee und Polizei damit rechnen, vor Gericht gestellt zu werden. Mugabes Anhänger gehen Edinger zufolge brutal gegen Oppositionelle vor. Sie würden zusammengeschlagen, ihre Hütten angezündet und ihre Felder verbrannt. Alten Männern seien die Gliedmaßen gebrochen worden, anderen das Gesäß verbrannt.

Die Kirchen gehören laut Edinger nach dem Verbot von Hilfsorganisationen zu den wenigen in Simbabwe, die humanitäre Hilfe leisten könnten «Wir können nicht mehr schweigen und nicht mehr neutral bleiben», sagte er. Kirchliche Organisationen hätten mehrere hundert Flüchtlinge untergebracht und verteilten Lebensmittel.
Allerdings sprächen die Kirchen nicht mit einer Stimme. Unter ihren Repräsentanten gebe es auch glühende Verehrer von Präsident Mugabe.

Die Möglichkeiten, von außen auf das Land einzuwirken, schätzt Edinger gering ein. Weder die EU noch afrikanische Staaten könnten durch Druck auf Mugabe etwas erreichen: «Äußerungen und Aufforderungen beeindrucken ihn nicht. Da habe ich keine Illusionen.» Das Weltinteresse an Simbabwe sei insgesamt nicht sehr groß. Edinger rechnet damit, dass die Gewalt bald nachlassen wird, da keine Wähler mehr eingeschüchtert werden müssten.

Internationaler Druck
Die EU will die Wiederwahl des simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe ignorieren, falls der Urnengang ohne Beteiligung der Opposition stattfinden sollte. «Angesichts der Gewalt und der Einschüchterungen kann es in diesem Fall kein gültiges Ergebnis geben», sagte ein Sprecher von EU-Entwicklungskommissar Louis Michel am Montag in Brüssel.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) warf den afrikanischen Staaten vor, sich nicht entschieden genug für eine Lösung der Krise in Simbabwe einzusetzen. Die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) und die Afrikanische Union hätten sich "zu spät und zu unentschlossen" mit der sich zuspitzenden Lage befasst. Die internationale Gemeinschaft sei nun aufgefordert, auf den Hilferuf aus Simbabwe zu antworten.

Zuvor hatte bereits UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gesagt, die politische Situation in Simbabwe entwickle sich "zutiefst beunruhigend". Trotz zahlreicher Appelle der internationalen Gemeinschaft habe die Regierung die Voraussetzungen für faire und freie Wahlen nicht geschaffen, sagte er in New York.

Auch die Afrikanische Union äußerte sich besorgt. Alle Parteien in Simbabwe wurden aufgefordert, Zurückhaltung zu üben und auf alle Gewaltakte zu verzichten. Unterdessen halten sich zwei Abgesandte des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki in Simbabwe auf, um Vorschläge zur Bildung einer Koalition aus Regierung und Opposition zu unterbreiten.

Gewalt erzwingt Rücktritt
Tsvangirai hatte am Sonntag seinen Rückzug von der Stichwahl am 27.
Juni gegen Mugabe erklärt, der das Land seit 1980 regiert. Als Gründe nannte Tsvangirai die anhaltende Gewalt gegen die Anhänger seiner "Bewegung für Demokratischen Wandel" und massive Behinderungen im Wahlkampf. Seit dem ersten Wahlgang am 29. März seien 86 Anhänger getötet worden.

Nach dem Verzicht Tsvangirais wäre Mugabe nach Meinung von regierungstreuen Juristen auch schon durch den ersten Wahlgang Ende März gewählt. Damals hatte Tsvangirai im ersten Wahlgang Ende März nach offiziellen Angaben fast 48 Prozent der Stimmen bekommen, Mugabe nur rund 42 Prozent.