Sinnfluencerin will Beschäftigung mit Glauben vermitteln

"Wie viel Sinn machen unsere Sonntagsgottesdienste noch?"

Die Hamburger Pastorin Josephine Teske betreibt erfolgreiche Glaubenskommunikation auf Instagram. Der Dialog mit Gläubigen in der digitalen und persönlichen Welt bedeute immer auch einen Spagat, erklärt sie im Interview.

Eine junge Frau tippt auf ihrem Smartphone / © Alexey Rotanov (shutterstock)
Eine junge Frau tippt auf ihrem Smartphone / © Alexey Rotanov ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie sind eine aktive Sinnfluencerin auf Instagram und dort unter dem Namen "seligkeitsdinge" zu finden. Sie klären also Menschen über gesellschaftlich relevante Themen auf. Was sind das für Sachen, die Sie auf Instagram ansprechen?

Pastorin Josephine Teske, Kandidatin für den Rat der EKD / © Marc Hunold (epd)
Pastorin Josephine Teske, Kandidatin für den Rat der EKD / © Marc Hunold ( epd )

Josephine Teske (Evangelische Pastorin in Hamburg): Hauptsächlich Themen, die unseren Lebenssinn betreffen und die meinen Alltag ja auch irgendwie mitbestimmen: Geburt, Tod, aber auch das, was ich als Frau und als Mutter erlebe – also Kinder, Haushalt, all die Zumutungen, die wir auch zu tragen haben als Menschen, als Frauen – mein Leben.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind das ja Themen, die die Menschen offenbar interessieren, denn Ihnen folgen über 40.000 Menschen auf Instagram. Überwiegend sind es jüngere Leute, die soziale Medien wie Instagram nutzen. Was melden Ihnen die Leute, die Ihnen folgen, zurück? Warum sagen die: Ich finde das toll, ich folge dir.

Josephine Teske, Hamburger Pastorin und Sinnfluencerin

"Hauptsächlich möchte ich, dass Menschen mit ihrem Glauben leben und sich mit ihrem eigenen Glauben, mit ihren Fragen, auseinandersetzen und ihre eigenen Antworten finden."

Teske: Zum einen, weil die meine Sicht auf die Welt und auf die Dinge – glaube ich – sehr schätzen. Zum anderen, weil sie die Art, wie ich über meinen Glauben spreche und mit anderen auf ihren Glauben zu sprechen komme, sehr mögen, weil es so eine einfache, lockere Art ist, ohne flapsig zu sein, aber eben auch ohne etwas überstülpen zu wollen.

DOMRADIO.DE: Geht es Ihnen auch darum, bei Instagram Menschen vom christlichen Glauben zu überzeugen und auch Teil der Kirche zu bleiben.

Teske: Wenn die Menschen Teil der Kirche bleiben, freue ich mich total. Das ist dann auch irgendwie ein Kompliment, wenn ich solche Nachrichten bekomme. Aber hauptsächlich – und so bin ich auch Pastorin – möchte ich, dass Menschen mit ihrem Glauben leben und sich mit ihrem eigenen Glauben, mit ihren Fragen, auseinandersetzen und ihre eigenen Antworten finden. Und Kirche kann ja der Ort sein, an dem sie das alles tun. Meine erste Priorität ist der Glaube. Und dann Kirche als Inspirationsquelle vielleicht auch.

DOMRADIO.DE: Und ist es jetzt für Sie ein Unterschied, wenn 20.000 Leute ihre Insta-Stories angucken, viel mehr, als es überhaupt Gemeindemitglieder gibt. Was macht den Unterschied im Gefühl aus?

Teske: Im Gefühl macht es eigentlich für mich nichts aus. Nur denke ich da manchmal darüber nach: Wie viel Sinn machen unsere Sonntagsgottesdienste noch, wenn da 20 Menschen sitzen, aber bei einer Andacht bei Instagram morgens um 6 Uhr bei mir sitzen 300, 400 Menschen. Ich finde das eigentlich eher inspirierend, weil ich dann ja darüber nachdenke: Okay, was muss sich ändern, was kann ich vielleicht auch ändern vor Ort?

DOMRADIO.DE: Ist es ein Spagat, den Sie machen müssen zwischen der digitalen und der persönlichen Welt?

Teske: Immer. Auf Instagram zeige ich ziemlich viel Persönliches von mir. Nicht so viel Privates, aber Persönliches. Und das ist ein großer Spagat. Den habe ich so in der Gemeinde zum Beispiel nicht, da bin ich eher noch ein bisschen verschlossener.

DOMRADIO.DE: Das heißt, im Digitalen ist es einfacher, sich zu öffnen?

Josephine Teske, Hamburger Pastorin und Sinnfluencerin

"Wie viel Sinn machen unsere Sonntagsgottesdienste noch, wenn da 20 Menschen sitzen?"

Teske: Ja, das ist einfacher, denn da spreche ich in mein Handy und die Menschen sind mir auch fern. Ich glaube, das ist ja auch so ein Reiz für alle anderen, dass sie sich mich und andere Influencer angucken können und etwas für sich mitnehmen können, aber mir vielleicht nie begegnen. Und umgekehrt fällt es mir deshalb auch manchmal leichter.

DOMRADIO.DE: Im vergangenen Jahr sind in Deutschland so viele Menschen wie noch nie aus der Kirche ausgetreten. Sie haben vor ein paar Tagen ein Erlebnis gehabt, wo Sie eine erwachsene Frau getauft haben. Erzählen Sie uns von dieser Geschichte.

Teske: Die junge Frau ist Studentin in Hamburg und folgt mir schon ziemlich lange. Sie hat mir vor zwei Jahren eine E-Mail geschrieben: Sie würde gern getauft werden, aber sie hadert mit der Institution Kirche und fühlt sich auch zu keiner Gemeinde so richtig zugehörig. Sie hat nicht ihren Ort gefunden. Aber sie möchte gern getauft werden, weil sie sich viel mit ihrem Glauben beschäftigt hat und "Ja" sagen möchte zu diesem Glauben und zu unserem Gott.

Dann kam immer mal wieder eine E-Mail, ob ich noch bereit sei, sie zu taufen. Und jetzt, ganz plötzlich, vor Weihnachten, sagt sie: Jetzt will ich es machen. Lass uns mich bitte taufen, so schnell wie möglich. Dann sprachen wir auch miteinander darüber, was es für sie bedeutet, getauft zu werden.

Sie hat da – ehrlich gesagt – auch ein bisschen getrennt zwischen ihrem Glauben und der Institution Kirche, mit der sie nicht so ganz warm wird. Aber sie findet, dass Kirche viele tolle Angebote macht und auch diakonisch und für unser Sozialsystem so wichtig ist, dass sie das auch mit Kirchensteuern unterstützen möchte.

Josephine Teske, Hamburger Pastorin und Sinnfluencerin

"Was ich eigentlich möchte, ist, dass ich als Ratsmitglied unsere Landeskirchen gut dabei begleiten kann, kleiner zu werden oder moderner zu werden."

DOMRADIO.DE: Und engagiert sie sich jetzt auch in der Gemeinde?

Teske: Nein, das noch nicht. Ich glaube, das dauert auch noch ein bisschen. Sie tastet sich ran.

DOMRADIO.DE: Sie sind seit über einem Jahr auch Ratsmitglied in der Evangelischen Kirche Deutschland. Welche Ziele verfolgen Sie als Ratsmitglied? Gab es schon Dinge, von denen Sie sagen: Ja, das habe ich bewegt.

Teske: Da will ich so demütig sein und sagen, das weiß ich nicht. Ich habe auch ein bisschen gebraucht, um mich da hineinzufinden, in diese große Institution Kirche, die ja wirklich riesig ist und die ja viele innere Systeme hat, die ich erst einmal durchschauen musste.

Was ich eigentlich möchte, ist, dass ich als Ratsmitglied unsere Landeskirchen gut dabei begleiten kann, kleiner zu werden oder moderner zu werden. Mein Schwerpunkt ist als Ratsmitglied ja die Digitalisierung. Also wie bringen wir die in unserer Kirche voran? Und damit meine ich gar nicht mal Social Media, sondern auch alles andere, was es braucht, um auch mit Gemeindemitgliedern vor Ort gut in Kontakt bleiben zu können.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR