Anders als bei früheren Wahlen in der Slowakei hält sich die dort einflussreiche katholische Kirche für die aktuellen Parlamentswahlen aus dem Wahlkampf heraus. Sie begnügt sich mit den gängigen Aufrufen, seine Stimme abzugeben und die Kandidaten auf ihre ethische Gesinnung und Handlungsweise zu überprüfen. Der Grund: Nicht zuletzt infolge der Zersplitterung des christlichen Lagers steht wohl außer Frage, dass die seit 2012 allein regierende linkspopulistische Partei Smer von Ministerpräsident Robert Fico die Wahlen abermals mit großem Vorsprung gewinnen wird.
Offen bleibt, mit wem der Partei- und Regierungschef im Bedarfsfall koalieren möchte. National-slowakische Kreise spricht Fico durch die Ablehnung von Flüchtlingsquoten an, christliche durch die Fokussierung auf verfolgte Christen. Sowohl die Slowakische Nationalpartei (SNS) Andrej Dankos als auch die Christdemokratische Bewegung (KDH) des früheren EU-Kommissars und derzeitigen Vize-Parlamentspräsidenten Jan Figel werden als mögliche Partner der Smer gehandelt.
Flüchtlingspolitik: Zusammenwirken von Kirche und Regierung
Bei der Aufnahme von 149 irakischen Christen, die kürzlich mit der Asylgewährung abgeschlossen wurde, haben Kirche und Regierung zusammengewirkt. Darüber hinausgehen wollen aber beide Seiten nicht.
Bratislavas Erzbischof Stanislav Zvolensky betont stets, dass durch die Aufnahme von Flüchtlingen das Gleichgewicht der Gesellschaft nicht gestört werden dürfe. Äußerungen von Regierungschef Fico wie jene, dass er in der Slowakei keine separate islamische Gemeinschaft und keine separierten Bäder für Muslime wünsche, werden von kirchlicher Seite nicht kommentiert.
Diskussion um Gesundheitswesen
Nur eine Kontroverse zwischen Kirche und Regierung ergab sich im Wahlkampf bislang in einer Sache, die zuletzt die Flüchtlingsproblematik ungeplant überlagert hat: den Streiks Tausender Krankenschwestern. Dass der griechisch-katholische Weihbischof in Presov, Milan Lach, der in der Bischofskonferenz das Referat für Seelsorge und Gesundheitswesen leitet, eindeutig für die streikenden Krankenschwestern Partei ergriff, sicherte ihm in der Öffentlichkeit Sympathiewerte.
Lach veröffentlichte eine Denkschrift, in der er die Misere im slowakischen Gesundheitswesen kritisiert. Er begründete seine ungewöhnlich offene Parteinahme damit, dass man Gott und dem Gewissen mehr gehorchen müsse als der Regierung - was Fico naturgemäß sehr missfiel. Anders die öffentliche Wahrnehmung: Von den slowakischen Bischöfen hatte zuletzt nur der abgesetzte Erzbischof von Trnava, Robert Bezak, eine so hohe Zustimmung wie jetzt der junge Weihbischof.
Fico mutmaßte hinter Lachs Auftritt eine Wahlkampfaktion der KDH. Die Bischofskonferenz wiederum sah sich genötigt, das Vorpreschen des Amtsbruders gutzuheißen. Dass sie es nur mit vorsichtigen Formulierungen tat, trug ihr allerdings mediale Schelte ein.
"Narren sagen die Wahrheit"
Mit Aufmerksamkeit registriert wurde, ob sich aus der Bewegung rund um das "Referendum für die Familie" 2015 eine politische Partei entwickeln würde. Das Referendum hatte wegen zu geringer Teilnahme zwar nicht den erwünschten Erfolg; doch sprachen ihrem Hauptorganisator Anton Chromik auch seine Gegner politische Fähigkeiten durchaus zu. Zum ersten Jahrestag des Referendums meldete sich der Anwalt nun wieder zu Wort und kündigte an, die Ziele der "Allianz für die Familie" weiter mit Nachdruck zu vertreten. Parteipolitisch tätig werden wolle er aber nicht.
Direkt in die Politik eingestiegen ist hingegen Anna Veresova, die Leiterin der Vereinigung "Ja zum Leben" und mit Chromik Sprecherin der "Allianz". Die auch in den christlichen Laienverbänden fest verankerte 51-Jährige kandidiert auf dem aussichtsreichen Platz sieben der Partei "Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten" (OLaNO).
Befragt zur schillernden Persönlichkeit von Parteichef Igor Matovic sagte Veresova, aus Märchen wisse sie, "dass der Narr beim König oft der einzige war, der die Wahrheit sprach". Im Parlament möchte die Mutter von fünf Kindern vor allem die eingetragene Partnerschaft von Homosexuellen verhindern. Aufhorchen ließ sie aber auch mit der Ansicht, die Slowakei würde mit 10.000 Flüchtlingen ohne weiteres zurechtkommen.