Politische Haltung der Bischöfe in der Slowakei ist wenig populär

Kirche droht Isolation

In der Stichwahl ums höchste Staatsamt der Slowakei am Samstag stehen sich eine Liberale und ein Ex-Kommunist gegenüber. Die katholische Kirche sucht ihre Position, scheint aber die Anliegen der Wähler nicht zu verstehen.

In einem Wahllokal hängt die slowakische Flagge an der Wand / © Radovan Stoklasa (dpa)
In einem Wahllokal hängt die slowakische Flagge an der Wand / © Radovan Stoklasa ( dpa )

Wahlempfehlungen der Kirche sind nicht unüblich in der Slowakei, wo die Glaubensgemeinschaften tief in der Gesellschaft verwurzelt sind. Doch dass man gerne auf Priester und Bischöfe hört, heißt nicht, dass man ihnen hörig ist.

Die Folgen konnte man gerade in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen beobachten. Die entschied eine politische Quereinsteigerin, die Anwältin und Bürgeraktivistin Zuzana Caputova, klar für sich. Die 45-Jährige gewann mehr als 40 Prozent der Stimmen, obwohl sie aus Sicht der Kirche schlechte Voraussetzungen mitbrachte.

Erzbischof rät von liberaler Kandidatin ab

Caputova ist erstens eine Frau, zweitens geschieden und erzieht ihre beiden Töchter im Teenager-Alter allein, hat drittens aber auch schon einen neuen Partner, mit dem sie aber nicht zusammenlebt, und wird viertens wegen mancher für slowakische Verhältnisse zu liberaler Vorstellungen frontal angegriffen. Der Erzbischof von Trnava Orosch, warnte die Gläubigen davor, mit der Wahl von Caputova eine "Sünde" zu begehen.

Ein Christ dürfe sich "nicht manipulieren lassen und Kandidaten wählen, die weiche Drogen, Euthanasie, Schwangerschaftsabbrüche, homosexuelle Ehen empfehlen und der Adoption von Kindern durch LGBT-Leute zustimmen", kritisierte er die Kandidatin. Der Erzbischof ließ dabei aber geflissentlich außen vor, dass Caputova die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare lediglich als "bessere Variante" im Vergleich zum Aufwachsen besagter Kinder in Heimen bezeichnet hatte.

Gefruchtet hat die Warnung des Geistlichen nicht: Caputova erzielte ausgerechnet im Wahlbezirk Trnava eines ihrer besten Ergebnisse. Freilich nicht wegen ihrer Ansichten zur Adoption. Dies und die anderen von der Kirche kritisierten Aussagen spielten für die meisten Wähler überhaupt keine Rolle.

Caputovas klarer Erfolg hatte vielmehr mit der Grundstimmung der Slowaken zu tun. Die wollen spätestens nach der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten vor einem Jahr eine "andere, bessere Slowakei". Ohne Korruption, Vetternwirtschaft, ein Land mit Gerechtigkeit, Fairness und Anstand. Nicht ohne Kirche. Aber mit einer Kirche, die sich nicht mehr den politisch Mächtigen anbiedert wie in der jüngeren Vergangenheit.

Ex-Kommunist spielt die Christen-Karte

Dies droht auch vor der Stichwahl. Vor der hat Caputovas Gegenkandidat, der EU-Vizekommissionsvorsitzende Maros Sefcovic, urplötzlich die christliche Karte gezogen. Ein Mann, der KP-Mitglied war, Diplomatie in Moskau studierte und von der linken größten Regierungspartei Smer des langjährigen Premiers Robert Fico aufgestellt wurde. Einer Partei, die normalerweise ebenso herzlich kirchenkritisch ist wie ihr Kandidat.

Dass der Ex-Kommunist Sefcovic mit seiner salbungsvollen Aussage, wonach "die Slowakei ein christliches Land bleiben" müsse, nur auf Wählerfang geht, ist für die Medien offensichtlich. Dennoch würde eine Wahlempfehlung der katholischen Kirche, etwa des Erzbischofs von Trnava, für ihn und neuerlich gegen Caputova nicht verwundern.

"Christentum und liberale Ansichten schließen sich nicht aus"

Caputova bezeichnete es als "engherzig, zu denken, dass christliche Werte und liberale Ansichten einander ausschließen". Die Wahlfavoritin, die Barack Obama und Vaclav Havel als ihre Vorbilder bezeichnet, hat jedoch auch starke Befürworter. Etwa den Prager Priester und Religionssoziologen Tomas Halik. Es gehe um den "Sieg der Demokratie über den Populismus", sagte er nach einem langen Gespräch mit Caputova. Die sei "weitaus tiefer und spürbarer spirituell als manche kirchlichen Funktionäre".

Folgt man dem früheren katholischen Dissidenten Frantisek Miklosko, der zu den Unterlegenen der ersten Wahlrunde gehörte, muss sich die Kirche in der Slowakei völlig andere Sorgen machen als die um Caputova. Darüber nämlich, dass fast ein Viertel der Slowaken rechtspopulistisch gewählt habe. Mit diesem Phänomen werde man sich in der Kirche "sehr ernsthaft auseinandersetzen müssen".

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Quelle:
KNA